Predigt am Sylvestertag, 31. Dezember 2004

Predigt über die Jahreslosung 2005

Jesus Christus spricht: Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Lukasevangelium Kapitel 22,32

Liebe Gemeinde!

Es ist schon schwer in diesen Tagen Gottes Wort zu predigen. Immer wieder die Frage „Wie kann Gott das zu lassen?“ Warum kommt immer wieder solches Elend über die Menschen?

Die Flutkatastrophe im Süden Asiens, die Folgen des Seebebens, all das spielt jenseits unserer Vorstellungskraft ab. Die Bilder, die wir tagtäglich in den Medien sehen, machen nur noch sprachlos.

Das Schicksal der vielen Menschen, deren Leben in wenigen Minuten ausgelöscht war, die Tragik der verletzten Überlebenden, die Trauer der Familien, die suchenden Kinder und Eltern.

Die Frage ist nahe: Wie kann Gott das zulassen?

Ich weiß nicht, ob sie selbst betroffen sind oder betroffene Familien kennen, die auf die Rückkehr der Angehörigen aus dem Traumurlaub der zum Albtraum wurde, warten?

Das bange Hoffen, kehren sie zurück, leben sie noch, sind sie tot, und wenn schon das Schlimmste eintritt, werden sie gefunden und können wir noch Abschied nehmen….

Die Jahreslosung für 2005, was kann sie uns da sagen.

DAS Wort, dass sie in den Karten in den Händen halten: Jesus Christus spricht: Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.

Ja, so geht es vielen von uns. Wie ist es mit dem Glauben?

Vor einigen Tagen haben wir Weihnachten gefeiert. Der Heilig Abend, die Weihnachtstage, das Fest der Freude und der Liebe. Ich habe hier im Vogelsangplatz über die Liebe gepredigt, ob diese denn Sünde sein kann.

Doch die einkommenden Nachrichten am Morgen des 2. Weihnachtstages ließen viele schon ahnen, dass da wieder Katastrophe geschehen ist, die unser Vorstellungsvermögen übertrifft. Manch einer von uns erinnerte sich an das letzte Weihnachten 2003. Auch da am 2. Weihnachtstag die schlechte Botschaft von dem gewaltigen Erdbeben in Bam im Iran. 31.000 Tote gab es dort. Und diese Botschaft wiederholt an einem anderen Ort. Orten, die wie Vororte zu Paradies für viele von uns sind, wenn wir denn die Augen vor der Armut verschließen, die im Hinterland herrscht.

Wenigstens zu Weihnachten könnte doch die Gute Botschaft von der Geburt des Krippenkindes nicht durch solch schlechte Nachrichten verdunkelt werden. Und jetzt: Die weihnachtliche Freudenstimmung ist vielerorts dem Gefühl der Gottesferne gewichen. Gott, der uns in Jesu Geburt doch so nah kam, scheint plötzlich wieder in die Unendlichkeit der Zeit entschwunden. Hat wieder so viele Menschen einem zufälligen wie bösem Schicksal überlassen. Und viele sehen darin den Beweis, dass Gott gar nicht da ist, und wenn dass er Gott ist, der die Menschen nach Belieben straft Wie es ihm gerade gefällt.

Hinter diesen Fragen steht die Vor­stellung, dass Gott uns Menschen und unsere Welt ständig steuert. Für mich als Christen ist es keine Frage, dass Gott das kann. Doch es ist ein Irrglaube, dass er seine Schöpfung wie an Marionettenfäden führt.

Er schickt keine Flutwellen, Erd­beben, Kriege oder Krankheiten als Strafe oder Machtbeweise. Solche Ereignisse sind Teil seiner Welt, die eben noch nicht das Himmelreich Gottes ist. Diese Welt in der wir leben ist keine vollkommene Welt. Hier ist nichts so, als das es noch besser sein könnte. Und sind wir Menschen, mit all unseren Fehlern nicht der beste Beweis dafür?

Wir sehnen uns danach. Nach Perfektion. Nach Vollkommenheit. Nach einer Welt, in der solche Unglücke nicht mehr geschehen. In der es aber auch all das andere Widersinnige nicht mehr gibt, was für Gott so oft vorhalten.

Vielleicht tut diese Wort aus der Jahreslosung gerade deshalb gut: Ich habe für dich gebeten…..

Jesus selbst ist es, der diese Worte spricht. Jesus selbst muß aber auch erfahren, dass der Glaube seines treuesten Anhängers. Dass der Glaube von Petrus nicht hält. Petrus verleugnet seinen Herrn dreimal. Und doch. Das Gebet war nicht umsonst. Nach der Auferstehung Jesu und seiner Himmelfahrt ist es dieser gescheiterte Petrus, der dafür sorgt, dass die Gute Botschaft von Jesus Christus in die Welt hinausgetragen wird.

Ich habe für dich gebeten… Dass Jesus hier für Petrus betet, heißt doch auch, dass er um seinen gefährdeten Glauben weiß. Dass er ihm nahe sein will. Dass er ihn versteht. Aber auch, dass Jesus den Glauben Petri nicht erzwingen will. Selbst im Scheitern, hält Jesus noch zu Petrus.

Ich habe für dich gebeten,…. Jesus vertraut auf die Kraft seines Gebetes. Vielleicht ahnte er schon, dass Petrus scheitert. Aber sein Gebet erfüllte sich auf eine Art und Weise, die nichts mit unserer menschlichen Erwartungshaltung zu tun hat.

Ich habe für dich gebeten… Jesu Haltung zu übernehmen, gerade in diesen Tagen, kann uns helfen mit der Katastrophe zu leben.

Ich habe für dich gebeten…. Das heißt auch, darauf zu vertrauen, dass Gott seiner Schöpfung - auch den lei­denden Menschen in Südostasien - nahe ist. Er lässt Menschen nicht allein.

Gott ist dem Menschen in Menschen nahe..  In Menschen, die in seinem Namen handeln und versuchen die Not zu lindern: als Rettungskräfte vor Ort, als Notfallseelsorgerinnen und -Seelsorger, die die Touristen auf ihrem Heimflug nach Deutsch­land betreuen oder am Flughafen in Empfang nehmen.

Ich habe für dich gebeten, … diese Worte drücken zutiefst das Vertrauen aus, dass unsere Welt nicht gott­verlassen ist. Dieses Gebet weiß auch um die Freude, die trotz all das Elends möglich ist.

Diese Freude ist nicht zu ver­wechseln mit der flüchtigen Freude eines gelungenen Augenblicks. Diese grundlegende Freude will die Lebensmelodie sein für unseren ganzen oft freudearmen Alltag. So häufig drücken uns auch jenseits großer Naturkatastrophen oder Schicksalsschläge die Sorgen des Alltags nieder, oder die Einsicht in die eigene Unzulänglichkeit. Wie gerne vergehen wir uns in Meckerei und Nörgelei über all diese Dinge, die uns die Freude nehmen wollen.

Die menschliche Natur ist wohl so. Deshalb muss sich etwas verändern, mit uns und in uns. Die gute Nachricht ist: Es hat sich schon etwas geändert, das Ent­scheidende ist schon geschehen. Wir müssen das nicht alles machen: alles richtig, die Welt und uns per­fekt.

Der Perfekte und Vollkommene, der Mensch, der Gottes Willen uneingeschränkt verkörpert, ist in die Welt gekommen. Gott selbst ist in Jesus Christus Mensch geworden. Dieser hat für uns gebetet…

Darum haben wir Weihnachten gefeiert.

Das also soll der Grund der Freude sein, so dass Freude die Grundhaltung unseres Lebens sein und blei­ben kann. Wohlgemerkt: die Grundhaltung, die uns auch in den dunklen Stunden trägt und die zur Feier der hellen Tage die belastbare Basis abgibt.

Christus ist die große Freude, so hat Luther gepredigt. Aus dieser Freude können und sollen wir alle schöpfen. An ihn sollen wir uns hal­ten, wie an einen großen Bruder oder an eine große Schwester.

Dieser ist es, der für uns betet, der all unsere Gebete für Gott bringt. Der uns mit seiner Liebe umwirbt. Damit unser Glaube nicht aufhört. Amen

In die Predigt sind Sätze aus einem Artikel von Präses Nikolaus Schneider in der Rheinischen Post vom 29.12.2004 eingearbeitet.

 

 
Email: JMuthmann@t-online.de
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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