Predigt am Sonntag Septuagesimae, 8.02.2004

Kanzelgruß

Liebe Gemeinde!

Bald ist es wieder soweit. Die sportlichen Großereignisse geben sich die Klinke in die und die Nation sind gebannt vor Fernseher und manche wenige werden nach Portugal zur Fußball-Europameisterschaft oder nach Athen zu den Olympischen spielen fahren.

Gestern war es für mich wieder mal soweit. Auch ein ziemliches Großereignis. Die Winterlaufserie des ASV Duisburg begann. 10 km Lauf, zwei Runden um die Regattabahn. In den nächsten Wochen folgt noch ein 15 km – Lauf und ein Halbmarathon, 21,1 Km lang. Die Zeiten aus allen drei Wettbewerben werden addiert, und dann weiß ich wievielter ich insgesamt geworden bin. Gestern lief es bei mir besser als ich erwartet habe. Erst letzten Montag konnte ich trainieren. Dann Dienstag, Mittwoch und Freitag. Unter 1 Stunde wollte ich Laufen. Ich schaffte 52 min 10 sek. Da war ich zufrieden hat.

Warum erzähle ich ihnen das? Weil diese Sportereignisse viel mit dem heutigen Predigttext zu tun haben. Ich lese ihn aus 1. Korintherbrief 9, 24 – 27:

24 Ihr wisst doch, dass an einem Wettlauf viele teilnehmen; aber nur einer bekommt den Preis, den Siegeskranz. Darum lauft so, dass ihr den Kranz gewinnt! 25 Alle, die an einem Wettkampf teilnehmen wollen, nehmen harte Einschränkungen auf sich. Sie tun es für einen Siegeskranz, der vergeht. Aber auf uns wartet ein Siegeskranz, der unvergänglich ist. 26 Darum laufe ich wie einer, der das Ziel erreichen will. Darum kämpfe ich wie ein Faustkämpfer, der nicht daneben schlägt. 27 Ich treffe mit meinen Schlägen den eigenen Körper, so dass ich ihn ganz in die Gewalt bekomme. Ich will nicht anderen predigen und selbst versagen.

 Liebe Gemeinde!

Ein eindrückliches Bild, was Paulus hier benutzt. Jeder von uns kann sich was drunter vorstellen. Läufer, die in einem Stadion ihre runden drehen. Boxer, die sich mit gezielten Schlägen versuchen auszuknocken. Der Gemeinde in Korinth war diese Bilder ebenfalls sehr bekannt. Paulus kannte sie auch sehr gut. Denn in den 1 ½ Jahren, die er in Korinth, musste er mindestens einmal die isthmischen Spiele, so eine Art Olympia in Klein gesehen haben. Sport hatte in Griechenland schon damals einen hohen Stellenwert. Sieger der Spiele wurden für die damalige Zeit fürstlich entlohnt. Und was vielen noch mehr bedeutete: Sie waren die Helden ihrer Städte und Regionen. Sie wurden von dem Volk verehrt. Eigentlich ja kein so großer Unterschied zu der heutigen Zeit. In der Sportidole hoch angesehen sind. Ein guter Ruf, aber manchmal gut verrufen zu sein, dass steigert den Marktwert enorm.

Apropos Boxkampf: Jetzt hat der Boxer Lennox Lewis, seines Zeichens Weltmeister aller Klassen seinen Rücktritt erklärt. Und viele halten ihn für einen Schächling, der sich nicht traut gegen Wladimir Klitschko anzutreten. Vielleicht ist er aber nur konsequent und nimmt Rücksicht auf seinen Körper und will sich eben noch ein paar schöne Jahre gönnen.

Aber was Paulus hier sich selbst abverlangt und auch uns, hört sich ziemlich schwer an. Vollen Einsatz verlangt er. Wir sollen aber nicht alle für Olympia trainieren, sondern wir sollen in unserer Kampfbahn vollen Einsatz geben. Da wo wir leben, wo wir arbeiten, wo wir Menschen begegnen. Die Kampfbahn ist also unser Leben und  unser Lebensumfeld. DA sollen wir alles geben. Als ob wir auch so einen Siegerkranz, eine Medaille oder irgendeine Trophäe gewinnen wollen.

Jeder von uns weiß, dass solche Leistungen nicht vom Himmel fallen. Wer in Athen in diesem Jahr auf dem Siegertreppchen stehen will, der muss schon hart trainieren, auf viele Annehmlichkeiten des leben verzichten, Ausscheidungswettkämpfe mitmachen und gegen die Besten der Welt antreten. Und nur einer kann gewinnen. Viele sind schon froh überhaupt es bis Athen geschafft zu haben. Und gar in das Finale zu kommen, gleich in welcher Sportart. Und das Finale erhoffen wir ja von unserer Fussballmannschaft am 4. Juli in Lissabon bei der Fussball-EM auch. Wenn ich die Winterlaufserie laufen will, muss ich trainieren. Wenn ich den Marathon am 6 Juni mitlaufen will, muss ich noch ein bisschen mehr trainieren. Und ich muss einen großen Teil meiner Lebensführung darauf ausrichten. Gucken, dass ich paar Kilos abnehme, mich gesund ernähren, und immer wieder trainieren. Schwer genug, denn oft habe ich wenig Zeit. Ich will zwar nicht erster werden. Aber ich habe mir ein Ziel gesetzt und das will ich erreichen. Meinen persönlichen Siegerkranz: Ankommen und unter 4 Stunden bleiben. In den letzten Jahren hat das nicht geklappt. Zu wenig Vorbereitung eben…

Und genau das meint Paulus auch. Wir brauchen ein Ziel. Ein Lebensziel. Ein Ziel, dass uns lohnenswert ist und für das es sich lohnt, manchmal ein paar Entbehrungen auf sich zu nehmen. Und an diesem Ziel müssen wir festhalten. Die Orientierung behalten. Keine Luftlöcher schlagen, wie ein schlechter Boxer, sondern wenn es darauf ankommt, auch sich selber mal in die Zucht nehmen. Paulus meint nicht, dass wir uns ein blaues Auge hauen soll, wie es da im griechischen Text steht. Es geht um Disziplin. Ein jeder von uns mit sich selbst.

Aber wir müssen noch wenig genauer hinschauen. Der Siegerkranz, den Preis fürs gewinnen, das war ein vergänglicher Gegenstand. Irgendwann ist er verrottet. Als ob der Siegerkranz ein Zeichen dafür ist, dass Vieles vergänglich ist, Ziele die wir erreichen in unserem Leben, Dinge, die wir erreicht haben. Denn was ist ein beruflicher Sieg wert, wenn er mich in meinem Leben nicht glücklich macht? Was ist eine Karriere im Beruf wert, wenn die Familie darunter kaputt geht? Was ist ein Haus wert, wenn man nachher alleine darin sitzt? Was ist alles Erreichte wert, wenn meine Gesundheit darunter kaputt geht? Gerade die Gesundheit, dass ist doch das Wichtigste, Hauptsache gesund, sagen viele. Richtig, aber auch Gesundheit ist ein vergängliches Gut. Wir müssen sterben. Unser Leben ist begrenzt, unsere Gesundheit auch. Klar sollen wir unsere Gesundheit nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, aber nur auf Gesundheit zu setzen macht noch lange nicht ein zufriedenes, glückliches Leben aus. Umgekehrt heißt das ja auch. Sind Kranke, schwache oder gar behinderte Menschen weniger wert…... So ist es aber nicht.

Und noch ein vergängliches Ziel: Hauptsache Spaß, Fun, Erlebnis, am Besten mit viel Geld. Solche Lebensziele lassen Menschen oft hin und gerissen sein zwischen ihren momentanen Stimmungen. Das Leben ist schön und lohnenswert, so lange möglichst viel Genuss dabei herausspringt. Der Mensch hin und her gerissen von den eigenen Trieben und Gelüsten....

Aber ich habe eigentlich nicht gegen diese Dinge. Ich habe nur was dagegen, wenn sie allein unser Leben bestimmen. Wenn sie die Hauptsache sind.

Es ist fast schon banal, aber wir alle wissen, dass uns allein die Ausrichtung auf diese Dinge nicht dauerhaft zufrieden stellt, dass wir nicht zufrieden werden, zur Ruhe kommen oder eben zu uns selbst finden. Denn diese vergänglichen Ziele führen weg vom eigentlichen Ziel unseres Leben. Sie führen uns nicht zu unserer Mitte, zum unvergänglichen, ewigen Ziel, dass Gott über unser Leben gestellt hat.

Dass wir, dass ich, dass jeder Mensch eigentlich auf dem Weg ist zu einem unvergänglichen Ziel, dass das Leben auf etwas zielt und damit einen Sinn hat, das spüren wir glaube ich alle in einer Sehnsucht tief in uns. Es ist die Sehnsucht nach Heimat und Geborgenheit, nach Schutz und Angenommensein, nach Zuwendung und Liebe, nach Sinn. Diese Sehnsucht treibt unser Leben in Wahrheit an, danach suchen behaupte ich, alle Menschen, jeder auf seine Weise. Diese Sehnsucht führt uns, wenn wir sie wahrnehmen, zum Ziel, zur Mitte und zum Sinn unseres Lebens, in die Tiefe unserer Seele, wo wir letztendlich Gott begegnen, der da mit offenen Armen steht und uns erwartet.

Was also, sagt Paulus, können wir tun, um uns auf diesen Weg zu machen, auf dieses Ziel hin, zur Mitte des Lebens? Paulus ist ehrlich. Er sagt nicht, dass das ein einfacher Weg ist. Er kostet etwas, dieser Weg, diese Suche. Wie auch das Training im Sport Einsatz verlangt und Übung. Paulus redet davon, dass er seinen Leib bezwingt und zähmt, d.h. er lässt die äußeren Dingen seines Lebens (Reichtum, Gesundheit, Unlust, Müdigkeit, usw.) nicht die Macht übernehmen. Er behält das grundsätzliche Ziel im Auge. Diese Dinge sind zwar alle da, aber sie bringen ihn nicht ab, von seinem Lebensziel, dem Leben mit Gott und aus Gott heraus.

Das könnte auch uns helfen. Es geht um die grundsätzliche Ausrichtung des Lebens: Wenn wir wissen, dass das unvergängliche, ewige Ziel unseres Lebens in Gott liegt, in der Heimat, der Liebe und der Geborgenheit, die Gott uns schenkt, dann werden alle andere Ziele zumindest zweitrangig. Ja, sogar und gerade der Tod wird diesem großen Ziel: Leben mit Gott in Ewigkeit untergeordnet. Seit Jesus ihn besiegt hat, steht er uns und dem Ziel unseres Lebens nicht mehr im Weg. Wenn wir um unser Ziel in Gott und um die Mitte unseres Leben in Gott wissen, dann kann uns kein Sturm oder Wind oder Einfluss und falscher Wegweiser ins vermeintliche Glück von unserem Weg ins Leben abbringen. Wer so lebt, lebt gelassener, auf Gott hin.

Auch wenn ich wieder trainiere für den Marathon. Letztlich ist es der Ort, wo ich mein Lebensglück beziehe. Es ist schön, das angepeilte Ziel zu erreichen, aber es ist nicht alles. Es ist schön, einen Wettkampf zu gewinnen, Europameister oder gar Olympiasieger zu werden, aber es ist nicht alles. Die Mitte unseres Lebens soll letztlich Gott sein.

Und wer Gott als die Mitte seines Lebens in der Tiefe seiner Seele sucht, der wird feststellen, dass er das Ziel seines Leben immer bei sich hat. Und so wird der Weg das Ziel und wir brauchen nicht zu warten, bis wir nach diesem irdischen Leben in der Ewigkeit mit Gott vereint sind. Lauf und Ziel, Weg und Ziel sind eins, das Leben mit Gott beginnt schon jetzt. Der Weg ist das Ziel und das Ziel ist der Weg. Jesus selbst hat dieses Paradox im Johannesevangelium so ausgedrückt: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich. Oder anders geheimnisvoll formuliert: Gott ist Ziel und Weg unseres Lebens zugleich.

Laufen wir so, dass wir dieses Ziel erreichen. Amen.

 Und der Friede Gottes ist höher ……

Teile der Predigt sind einer Predigt von Hennig Dalherda übernommen. http://kirche.dalherda.bei.t-online.de/Predigten/2004/08_02_04.htm

Email: JMuthmann@t-online.de
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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