Predigt am Pfingstmontag, 31. Mai 2004, 1. Korinther 12, 4-11

Liebe Gemeinde!

Pfingsten. Das große unbekannte Fest. Pfingsten  - was bedeutet das? Wissen sie es, liebe Gemeinde? Jedenfalls wissen nur ca 25 % der Bevölkerung, dass Pfingsten was mit dem Heiligen Geist zu tun hat oder das wir dieses Fest als Geburtstag der Kirche an sehen kann. Deshalb ist unser Kirchsaal auch noch so geschmückt. Die Kinder des Kinderbibelmorgen haben am Samstag hier die Kirche geschmückt und dann eben Geburtstag gefeiert. Das haben wir gestern im Familiengottesdienst fortgesetzt. Heute sehen sie noch die Girlanden und Luftballons – so eben wie es bei einem Geburtstag üblich ist.

Dochim Predigttext geht es nicht um den Geburtstag der Kirche. Es vielmehr um das, was der Heilige Geist unter uns bewirkt…Paulus schrieb folgende Zeilen an die Gemeinde im 1. Korintherbrief, Kapitel 12, Vers 4-11 über das Wirken des Geistes in der Gemeinde. Hören wir ihm zu:

4 Es gibt verschiedene Gaben, doch ein und derselbe Geist teilt sie zu.

 5 Es gibt verschiedene Dienste, doch ein und derselbe Herr macht dazu fähig

 6 Es gibt verschiedene Wunderkräfte, doch ein und derselbe Gott schenkt sie - er, der alles in allen wirkt.

 7 Doch an jedem und jeder in der Gemeinde zeigt der Heilige Geist seine Wirkung in der Weise und mit dem Ziel, dass alle etwas davon haben.

 8 Die einen befähigt der Geist dazu, Gottes weisheitsvolle Pläne zu enthüllen; andere lässt er erkennen, was in einer schwierigen Lage getan werden soll.

 9 Derselbe Geist gibt den einen besondere Glaubenskraft und den anderen die Kraft zu heilen.

10 Der Geist ermächtigt die einen, Wunder zu tun; andere macht er fähig, Weisungen Gottes zu verkünden. Wieder andere können unterscheiden, was aus dem Geist Gottes kommt und was nicht. Die einen befähigt der Geist, in unbekannten Sprachen zu reden; anderen gibt er die Fähigkeit, das Gesagte zu deuten.

11 Aber das alles bewirkt ein und derselbe Geist. So wie er es will, teilt er jedem und jeder in der Gemeinde die eigene Fähigkeit zu.

 

Liebe Gemeinde!

Ein Satz vorweg: Keiner kann alles! Jeder kann etwas! Das ist unbedingt wichtig. Keiner von uns hat alle denkbaren Gaben und Fähigkeiten. Aber jeder von uns kann irgendetwas. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Nur, weiß auch jeder von uns, was er kann? Was er vielleicht besonders gut kann? Auch da werden sie mir zustimmen, wenn ich sage: Durchaus möglich, dass der eine oder die andere verborgene Fähigkeiten in sich noch nicht entdeckt hat.

Doch zurück zum Predigttext. Da geht es eigentlich für unseren Geschmack recht unpfingstlich zu. Vom Heiligen Geist wird zwar geredet, aber hier geht es mehr um die Gaben die er uns schenkt, mit denen wir in der Gemeinde arbeiten sollen. Wunderliche Gaben sind da zum Teil angesprochen. Der eine kann Wunder tun, der andere wiederum kann deuten, was Gott von uns will, ein dritter kann sogar in fremden Sprachen reden, ein vierter kann das wieder in unsere Sprache zurückübersetzen. Es sind manche nützliche Gaben darunter, und ich glaube ein jeder von uns würde sie gerne besitzen. Zum Beispiel, die Kraft zum Heilen, andere gesund zu machen. Wie viel Elend würde uns dann erspart bleiben, und wer kennt nicht jemanden von uns der so krank, dass er dadurch mindestens behindert wird, wenn nicht gar schon der Tod absehbar ist. Oder die Sache mit dem Wunder tun. Große Wunder wären oft hilfreich, vieles läuft in der Welt schief. Das Wunder Frieden zu schaffen, dass wäre doch was. Jedenfalls denkt jeder von uns, die Menschen in den ersten Gemeinde die müssen schon ziemlich was gekonnt haben. Manch einer blickt bestimmt neidisch auf all die Gaben, die die ersten Christen wohl gehabt haben und die wir bei uns so vergeblich suchen.

Manchmal habe ich auch die Vorstellung, was für tolle Menschen müssen das gewesen sein. Fast so was wie kleine Superhelden, solche Leute wie Batman und Superman, stets bereit ihre helfenden Kräfte für das Gute und gegen das Böse einzusetzen.

Doch auch hier sind solche Vorstellungen lediglich Träume, die in der Realität keinen Niederschlag finden.

Denn der Apostel schreibt der Gemeinde ja nicht, um sie darauf hin zu weisen, was für tolle Menschen mit wie vielen verschiedenen Gaben sie sind. Sondern das Gegenteil ist der Fall. In Korinth gab es Knatsch. Der Umgang miteinander war ganz und gar nicht christlich. Da gab es welche die das gemeinsame Essen vor dem Abendmahl dazu nutzten, sich mit Wein und Leckerien den Bauch voll zu schlagen. Die, die später kamen, die zumeist auch noch schwer gearbeitet haben, die gingen leer aus. Da gab es welche, die gut reden konnten. Die den anderen ständig was predigten bis diese alles glaubten. Dabei wollten diese Prediger nur Einfluß haben. Es ging ihnen mehr um ihre Eitelkeiten, statt um das Wohl der Gemeinde. Und es gab welche, die nahmen die christlichen Lebensregeln gar nicht ernst. Die wollten wohl nur mal ausprobieren, was das junge Christentum so bietet. Korinth war in der damaligen Zeit als großen Handelszentrum ein Tummelplatz für alte und junge Religionen jeglicher Coleur.

Also, da können wir schon mal durch atmen. Superhelden waren die korinthischen Christen ganz und gar nicht. Manchmal verhielten sie sich eher wie Supertrottel und der Botschaft Jesu Christi völlig unangemessen. Also waren die Korinther auch nicht besser als wir. Das tut auch mal ganz gut zu hören.

Was aber will Paulus den Korinther und uns sagen? Dazu hilft ein Blick auf den Anfang des Predigttextes. DA beschreibt Paulus nämlich, woher all diese wunderbaren Kräfte und Fähigkeiten kommen, die die Leute in der Gemeinde haben. Paulus stellt fest: Es gibt verschiedene Gaben, wir haben sie aufgezählt, doch diese alle kommen aus einem Geist! Das macht stutzig, kommen diese Gaben nicht aus den Menschen selbst, haben sie diese Gaben nicht schon in die Wiege gelegt bekommen. Können sie nicht jederzeit über diese Gaben verfügen? So wie diese wunderbaren Superhelden?

Mit Paulus können wir ganz klar antworten: Nein, das geht nicht. Keiner verfügt über diese wunderbaren Kräfte. Sie sind uns nicht ein für alle male verliehen worden. Sie können durchaus wieder uns weggenommen werden. Sie Gaben des Heiligen Geistes, und der stört sich nicht daran, ob wir solche wunderbaren Gaben behalten wollen oder nicht. Er schenkt sie, aber er nimmt sie auch wieder weg. Will sagen: Keiner kann über diese Gaben verfügen. Keiner ist auf immer ein Wunderheiler, von denen es ja einige gibt. Die Kräfte sind uns nur auf Zeit gegeben und Gott kann sie durch den Heiligen Geist uns jederzeit wieder wegnehmen.

Paulus legt noch eins drauf. Er spricht hier auch von den Diensten, die uns der Gemeinde gegeben sind. Auch hier zählt nicht das Wort: Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf. Gott allein hat uns durch seinen Geist dazu berufen. Er kann jederzeit seine Meinung wieder ändern. IN den ersten Christengemeinde war es oft auch so. keiner hatte ein Amt auf Dauer. Doch wir Menschen mögen so was nicht. Schon schnell haben wir unserem Herrgott da ins Manuskript reingeschrieben, wer zum Dienst befähigt ist und was er gefälligst zu tun hat. Die ersten Bischöfe und der erste Papst, kurze Zeit nach Paulus waren sie Realität. Und wenn so denke, wie das mit meinem Amt ist, in dem ich beamtet bin, und meine Dienstanweisung, die zwar recht frei ist, die mir aber doch vorgibt, was das Presbyterium von mir erwartet, doch komme ich mindestens ins Nachdenken.

Jetzt sind wir in einem Dilemma. Wir wissen jetzt, dass wir nicht über die Gaben frei verfügen können, die wir so dringend in der Gemeinde brauchen. Wir wissen aber, dass es sie gibt. Und wir wissen auch, dass wir die Worte des Paulus schon auf ihren Hintergrund sehen müssen. Sonst würden wir ja vor Neid erblassen.

Doch der Gedanke der Unverfügbarkeit der Gaben, der Charismen wie es im griechischen Text heißt, hat auch etwas Demütiges an sich. Etwas, was der Geist Gottes uns nicht nur schenkt, sondern auch in uns bewirken will. Und da sind wir wieder beim Anfang. Jeder von uns kann etwas. Keiner kann alles. Und manch einer hat seine Gaben noch nicht entdeckt. In der Gemeinde sind auf die verschiedenen Gaben alle angewiesen. Wir sind viele verschiedene Menschen mit vielen verschiedenen Gaben. Jeder von uns kann nützlich sein. Es müssen ja gleich nicht große Wunder sein, aber wenn wir uns in der Gemeinde umschauen, so geschehen hier und da doch Dinge, die wie kleine Wunder sind. Das Leute sich ohne Bezahlung die Hacken beim Verteilen der Gemeindebriefe abwetzen. Das Frauen und Männer aus den Besuchsdiensten in der Gemeinde oder in den Krankenhäusern ihnen fremde Menschen besuchen und so nicht selten dort kleine Wunder tun.  Das immer wieder sich ehrenamtliche finden lassen, die in der Jugend- und Kinderarbeit unentgeltlich arbeiten und helfen. Und auch das Menschen sich bereit erklärt haben unsere Gemeinde zu leiten. Denn das Amt des Presbyters ist ein Amt, dass dringend auf die Gaben von Gemeindegliedern angewiesen, aber noch noch mehr auf den Heiligen Geist.

Und noch ein Aspekt ist wichtig, und dieser ist vielleicht noch mehr pfingstlich. Keine Gabe ist besser als die andere. Kein Mensch ist besser als der andere. Keiner kann sich in der Gemeinde Jesu Christi über den anderen stellen. Gemeinde Christi ist da, wo die Menschen sich unter Gottes Wort und Geist verstehen. Der Geist Gottes drängt uns aufeinander zu zu gehen und uns in unserer Verschiedenheit  anzunehmen, so wie Jesus Christus es tat.

So gesehen ist Pfingsten nicht auf dieses Wochenende beschränkt. Es täte unsere Gemeinde und unserer Kirche gut, wenn in ihr öfter Pfingsten gefeiert würde.  Es ist doch was schönes und wunderbares, dass Gott mit seinem Geist so viele verschiedene Menschen zusammenführt.

Und Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, der uns seinen Geist sendet und ein immerwährendes Pfingstfest uns geben möchte. Amen

 

EMail: Pfarrer Muthmann
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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