Predigt am Ostermontag, 28. März 2005, Lukas 24, 36-49

Gnade sei mit euch von dem, der da war, der da ist und der da kommt, Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.

 Ostern. Der Herr ist auferstanden. ER ist wahrhaftig auferstanden.

Diesen Osterruf haben wir uns in der Osternacht und am gestrigen Morgen in den Gottesdiensten zugesagt. Wir können ihn heute noch uns und anderen zusagen. Allein mit den Glauben daran, da ist schon mal etwas schwierig. Das ging auch den Jüngerinnen und Jüngern Jesu damals. Im Lukasevangelium ist ein etwas zweifelhafter Auferstehungsbericht überliefert. Ich lese den vorgeschlagenen Predigttext aus Lukas 24:

36 Während die beiden noch erzählten, stand plötzlich der Herr selbst mitten unter ihnen. Er grüßte sie: »Frieden sei mit euch!«

37 Sie erschraken und fürchteten sich; denn sie meinten, einen Geist zu sehen.

38 Aber er sagte: »Warum seid ihr so erschrocken? Warum kommen euch solche Gedanken?

39 Schaut mich doch an, meine Hände, meine Füße, dann erkennt ihr, daß ich es wirklich bin! Faßt mich an und überzeugt euch; ein Geist hat doch nicht Fleisch und Knochen wie ich!«

40 Während er das sagte, zeigte er ihnen seine Hände und seine Füße.

41 Als sie es in ihrer Freude und Verwunderung noch immer nicht fassen konnten, fragte er: »Habt ihr etwas zu essen hier?«

42 Da gaben sie ihm ein Stück gebratenen Fisch,

 43 und er nahm es und aß es vor ihren Augen.

44 Dann sagte er zu ihnen: »Als ich noch mit euch zusammen war, habe ich euch gesagt: 'Alles, was im Gesetz , in den Schriften der Propheten und in den Psalmen über mich steht, muß in Erfüllung gehen.'«

45 Und er half ihnen, die Heiligen Schriften richtig zu verstehen.

46 »Hier steht es geschrieben«, erklärte er ihnen: »Der versprochene Retter muß leiden und sterben und am dritten Tag vom Tod auferstehen.

 47 Und den Menschen aller Völker muß verkündet werden, daß ihnen um seinetwillen Umkehr zu Gott und Vergebung der Schuld angeboten wird. In Jerusalem muß der Anfang gemacht werden.

 48 Ihr seid Zeugen geworden von allem, was geschehen ist, und sollt es überall bezeugen!

49 Ich aber werde den Geist , den mein Vater versprochen hat, zu euch senden. Wartet hier in der Stadt, bis das eintritt und ihr mit der Kraft von oben gestärkt werdet.«

Liebe Gemeinde!

Während die beiden noch erzählten… Mit den beiden sind die Emmausjünger, denen Jesus auf dem Weg nach Emmaus begegnet ist. Die erst nicht erkannt haben, wer da mit ihnen ging und ihnen das richtige Verständnis der Schrift gezeigt hat. Erst als er mit ihnen Brot und wein teilte, fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen und sie Bekannten: Er ist wahrhaftig auferstanden.

Während die beiden noch erzählten… ich glaube wir alle kennen diese Situation, da redet man von jemanden und plötzlich klingelt es an der Tür und der Betreffende tritt ein. Kaum spricht man vom Teufel, ist er auch schon da, sagen wir dazu. Nun, hier tritt der Auferstandene selbst zu seinen Jüngern.

Dennoch. Ein merkwürdiger Text ist das zu Ostern. Einer der Auferstehungsberichte, der mir wirklich etwas seltsam vorkommen. So als müsste da etwas mit allen Mitteln bewiesen werden, was nicht zu verstehen ist. Das Jesus wirklich auferstanden ist. Es geht um die Echtheit der Auferstehung. Zweifel an ihr bestehen nicht erst in unserer Zeit. Die gab es von Anfang an. Den Frauen, die das leere Grab entdeckten wurden nicht geglaubt. Die Emmausjünger erkannten Jesus, den Auferstandenen nicht. Es wurde anscheinend auch einiges getan, damit der Bericht von Jesu Auferstehung unglaubwürdig ist. Das Gerücht, der Leichnam sei von den Anhängern aus dem Grab gestohlen worden, setzten die Priester nd Schriftgelehrten in Jerusalem in die Welt und hatten damit einen ziemlichen Erfolg.

Jedenfalls ist die Überraschung bei den Jüngern groß, als Jesus mitten unter ihnen ist. Sie können es gar nicht glauben. Sie glauben ein Geist sei mitten untern ihnen. Vor Geister haben Menschen aller Zeiten Angst. Geister, die sind nicht erklärbar, ihr Auftreten geschieht plötzlich und ohne Anlass. Geister verwirren, machen oftmals handlungsunfähig. Ein Schreck fuhr ihnen in die Glieder, dass sie scheinbar bewegungsunfähig waren. Wir sprechen ja auch davon, wenn wir glauben, Verstorbenen zu begegnen, dass wir zu Salzsäulen erstarren und zu nichts mehr in der Lage sind.

Was mich immer wundert an dieser Geschichte ist nicht dieser Schreck, den die Begegnung mit dem Auferstandenen auslöst. Den Frauen am leeren Grab ging es nicht anders. Auch denen musste erst der Engel, und schließlich Jesus selbst den Schreck nehmen. So auch hier. Jesus versucht die Jünger zu beruhigen.

Dann aber wird es seltsam. Mich wundert diese Akribie mit der glaubhaft gemacht werden will, dass wirklich der leibhaftig auferstandene Christus vor den Jüngern steht. Was Lukas da niederschreibt klingt fast schon wie inszeniert. Alles wirkt ein wenig übertrieben. Das Verhalten Jesu. Das der Jünger. Jesus zeigt seine durchbohrten Hände und Füße an denen die deutlichen Male der Kreuzigung zu sehen sind. Sie sollen ihn anfassen. Nicht als Zeichen der Freundschaft oder Geste der Liebe. Nein, nur darum, dass sie sehen und mit ihren Händen spüren, dass Jesus leibhaftig vor ihnen steht. Ein Geist hat schließlich nicht Fleisch und Knochen sagt Jesus selbst.

Und was dann folgt, da muss ich doch manchmal verwundert lächeln. So als wollte Jesus die letzten Zweifel zerstreuen, fragt er nach etwas zu essen. Nicht weil er Hunger hat, sondern nur um ihn zu beweisen, dass wirklich vor ihnen steht. Und den gebratenen Fisch aß er vor ihren Augen. Bei den Emmausjüngern war es Brot, jetzt eben Fisch. Tote und Geister können schließlich nicht essen. Das alles kommt mir vor, als wenn wir jemanden besuchen, und der erst uns glaubt, dass wir wirklich da sind, wenn wir essen und trinken.

Dieser Bericht zeigt und das Dilemma mit der Auferstehung Jesu Christi. Es werden Beweise gebraucht. Handfeste Beweise, wie eben die Berührung seines Körpers, Taten ,die nur von Lebendigen getan werden können. Die Menschen können eben nur das glauben, was sie auch sehen. Das war schon immer so. Wer aber nach diesen Beweise sucht oder sie zur Voraussetzung macht, um an den Auferstandenen zu glauben, der kann nicht glauben. Der wird auch kaum die verändernde Gegenwart des Auferstandenen erfahren können. Der bleibt in seinem alten Leben hängen. Für den bleibt die Auferstehung Christi ein Muster ohne Wert.

Zum Glück bleibt Lukas mit seinem Bericht, den er wohl so zusammengeschrieben hat aus verschiedenen Jesuslegenden, hier nicht stehen. Nun kommt er zum eigentlichen. Zum Wichtigen. Und Jesus half ihnen, die Schriften richtig zu verstehen, schreibt er da. Das ist es, was eigentlich wirklich wichtig ist. Es geht ums Verstehen. Um das Verstehen, der biblischen Schriften, es geht aber auch um das Verstehen der eigenen Wirklichkeit. Als ob plötzlich Licht in das Dunkel kommt. Uns wird Durchblick geschenkt. Als ob plötzlich lange Verborgenes mit großer Klarheit erkannt und verstanden werden kann. Darum geht es bei der Begegnung mit dem Auferstandenen. Wer Jesus begegnet, dessen Leben wird umgekrempelt. Es beginnt neu. Wer diese Erfahrung nicht gemacht, kann das nicht verstehen. Der braucht handfeste Beweise. Und die sind verständlicherweise nach 2000 Jahren schwer heranzuschaffen. Schon 50 Jahre nach der Auferstehung Jesu, als Lukas diese Zeilen schrieb, war das ein Dauerthema. Wer nicht glaubt, der verändert sich nicht. Der kann nicht verstehen, was Paulus mit den Worten meint. Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur, siehe das Alte ist vergangen, Neues ist geworden. Das wird immer wieder beschrieben, dass die Begegnung mit dem Auferstandenen Menschen verwandelt. Sie plötzlich Dinge tun lässt, die sie sich nicht vorstellen konnten. Die sich von Grund auf verändern. Ihnen wird von Grund auf ein neues Verständnis der Wirklichkeit geschenkt. Der Auferstandene schenkt uns Durchblick. Die Jünger mussten schmerzlich erkennen, dass Jesus nicht der machtvolle Befreier von den Römern ist.

Und auch das ist wichtig. Glaube lässt sich nicht erzwingen, Glaube lässt sich nur schenken, und das Geschenk des Glaubens muss angenommen werden, damit es wirkt.

Ostern verändert. Ostern bringt uns so eine neue Sicht der Dinge, unseres Lebens. Wir erkennen, vieles ist oft so ganz anders, als wir wollten oder meinten.

 „Wir öffnen Horizonte.“ So heißt der Werbeslogan der Volks- und Raiffeisenbanken. Klar, es geht hier nicht um das Geld. Auch wenn es Mode wird, sich zu Ostern mehr als nur Schokoladeneier und –hasen zu schenken.

Ostern öffnet Horizonte. So möchte ich es sagen. Es geht nicht darum, krampfhaft allen anderen zu beweisen, dass Jesus auferstanden ist. Ob man ihn berühren kann, ob er Brot oder Fisch gegessen hat.

Wer die Auferstehung nicht glauben kann und will, dem kann man nicht helfen. Das muss ich auch tolerieren. Dem ist der Glaube halt nicht geschenkt. Noch nicht. Denn auch dieser kann sich ändern. Jetzt muß er sich halt mit der Wirklichkeit zufrieden geben: Mit dieser Welt, dem Tod, dem Versagen, dem Krieg und Scheitern an dieser Wirklichkeit.

Ostern öffnet mir neue Horizonte. Eine neue Sicht der Dinge. Durch-blick. Den Blick über die Grenze unserer menschlichen Existenz hinaus. Eben über den Horizont dieser Existenz: Das allein ist das Werk des Auferstandenen. Er ist mir begegnet. Und hat mein Leben geändert. Gott sei Dank: Ostern öffnet Horizonte. Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Amen

Email: JMuthmann@t-online.de
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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