Predigt am 14. März 2004, Epheser 5, 1-8
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!
Liebe Gemeinde! Ich verlese ihnen zunächst den für heute vorgeschlagenen Predigttext  aus dem Epheserbrief, Kapitel 5, 1-8
1 Nehmt also Gott zum Vorbild! Ihr seid doch seine geliebten Kinder!
2 Euer ganzes Leben soll von der Liebe bestimmt sein. Denkt daran, wie Christus uns geliebt und sein Leben für uns gegeben hat, als eine Opfergabe, an der Gott Gefallen hatte.
3 Weil ihr Gottes heiliges Volk seid, schickt es sich nicht, dass bei euch von Unzucht, Ausschweifung und Habgier auch nur gesprochen wird.
4 Es passt auch nicht zu euch, gemeine, dumme oder schlüpfrige Reden zu führen. Benutzt eure Zunge lieber, um Gott zu danken!
5 Ihr müsst wissen: Wer Unzucht treibt, ein ausschweifendes Leben führt oder von Habgier erfüllt ist - und Habgier ist eine Form von Götzendienst -, für den ist kein Platz in der neuen Welt, in der Christus zusammen mit Gott herrschen wird.
6 Lasst euch nicht durch leeres Geschwätz verführen! Genau diese Dinge sind es, mit denen die Menschen, die Gott nicht gehorchen wollen, sich sein Strafgericht zuziehen.
7 Mit solchen Leuten dürft ihr nichts zu tun haben!
8 Auch ihr gehörtet einst zur Finsternis, ja, ihr wart selbst Finsternis, aber jetzt seid ihr Licht, weil ihr mit dem Herrn verbunden seid. Lebt nun auch als Menschen des Lichts!
Die grausamen Bilder haben wir noch vor Augen. Die vielen Toten. Zerfetzte Leiber. Zerstörte Züge. Verängstigte und verzweifelte Gesichter. Was da am Donnerstagmorgen in Madrid in mehreren Zügen geschah, wer von uns kann es erklären. Wer kann das ansatzweise verstehen? Und manch einer denkt vielleicht. Ich bin noch gestern im Zug gefahren, auch zur morgendlichen Rushhour. Unsere Kinder sind um die Zeit zur Schule unterwegs….. Die Menschen in Madrid müssen am nächsten Morgen wieder in die Züge steigen, mit welchen Gedanken und mit welcher Angst…… Und die Täter… noch ist unklar, wer es war. Die baskischen Separatisten, die ETA, die schon seit Jahrzehnten in Spanien bombt! Oder waren es islamische Terroristen, die in Verbindung zu Al Kaida stehen. Letzteres gewinnt immer mehr an Wahrscheinlichkeit. Und die Politiker in Spanien.. sie scheinen diese Anschläge noch für ihren Wahlkampf zu instrumentalisieren. Welch perfiden und abscheulichen Abgründe sich neben den vielen Toten noch auftun….
Nehmt also Gott zum Vorbild! Ihr seid doch seine geliebten Kinder…… Manche Worte des Predigttextes bleiben mir im Halse stecken…. Sie klingen fast schon pervers, da ich ja weiß, dass gerade mit solchen Worten Selbstmordattentäter motiviert ihre grausamen Taten auszuführen. Und Eltern haben ihre geliebten Kinder verloren und Kinder die Wärme von Mutter und Vater…
Der Predigtext redet von Fehlern, die wir Menschen haben. Und klingt dabei in manchen Teilen wie aus einer anderen Welt. Von Habgier und Unzucht, von dummer schlüpfriger Rede und von Ausschweifungen. Es muss in der Umwelt häufig ein Problem gewesen für Christen mit dieser Welt klarzukommen
Habgier... Das würden wir auch so ablehnen. Die Gier nach mehr. Die Unersättlichkeit in meinem Tun. Dabei ist nicht der Reichtum der Fehler. Reichtum kann geteilt werden. Der Geiz und die gier sind es. Könnte Dagobert Duck mit seinem Gefüllten Geldspeicher unter solcher Voraussetzung Christ sein??
Unzucht… , es gibt sexuelle Praktiken, die sind verabscheuungswürdig. Die waren zur zeit Paulus recht normal. In manchen gehobenen Kreisen galt es als schick sich Jungen aber auch Mädchen zur sexuellen Unterhaltung zu halten. Nichts ungewöhnliches, aber doch verwerflich. Der Prozeß um den Kinderschänder Marc Dutroux erinnert uns in diesen Tagen daran, zu welchen absurden Taten Menschen fähig sind. Wehrlose Kinder vergewaltigen, sie dann noch zu töten, für die meisten nicht nachzuvollziehen.
Natürlich ist auch der beliebige Partnerwechsel hier gemeint, dass ohne Rücksicht auf Lebenspartner sexuelle Freizügigkeit gelebt wird. Und mit Sicherheit von Gott noch gewollt.
Ein ausschweifendes Leben,…. Manchmal auch tolerabel, solange es nicht Kosten anderer geht, solange andere nicht verletzt oder beeinträchtigt werden. Mal über die Stränge schlagen wie es im Volksmund heißt… doch jeder sollte die Konsequenzen bedenken, nicht nur die Gesundheit, sondern auch zerstörte Partnerschaften….
Dumme und schlüpfrige Rede…. Jeder von uns sollte sein Gehirn eingeschaltet haben, bevor er den Mund aufmacht. Andere dürfen nicht beleidigt oder mit Worten klein gemacht werden. Wie schnell das geschieht. Unsere Zunge kann eine schlimme Waffe sein.
Wir könnten stundenlang uns darüber ergehen, was noch toleriert werden kann, und was nach christlichen Maßstäben nicht hinzunehmen ist. Die Kriterien sind doch eigentlich ganz einfach: Jesus gibt sie vor: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit allen deinen Kräften. Das andere ist dies: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Und er sagt: Alles, was du willst, dass dir die Leute tun, das tue auch Ihnen. Das sind alle Gebote und Worte der Propheten.
Daran haben wir uns zu orientieren. Und wir dürfen nicht den Fehler machen, alles von vornherein zu verdammen, wie es häufig schon geschah. Sexualität ist ein Geschenk Gottes, und Liebende dürfen sich durchaus an ihr erfreuen. Sogenannte Ausschweifungen sollten nicht die Regel sein. Und sie sollten im Rahmen bleiben.
Wir dürfen andere nicht mit Worten beleidigen und niedermachen. Das fällt mir selbst schwer. Aber daran kann man arbeiten.
Was aber sind diese Fehler, die wir Menschen haben, die immer wieder vorkommen, die verletzend, was sind diese Fehler gegen solche teuflischen Pläne und Taten gegen wehr- und ahnungslosen Menschen….. Wie würde der Schreiber des Epheserbriefes das nennen….?
In den 10 Geboten lesen wir: Du sollst nicht töten. Eigentlich meint dieses Gebot: Du sollst nicht morden. Heißt das nicht: Abstand von solchen Taten. Ja, ist nicht schon der Gedanke daran gotteslästerlich….Was wir, Tag für Tag tun – wir können hinzufügen: und das, was ihr Täter Außergewöhnliches, Absurdes, Tödliches, Menschen in Leid Stürzendes tut – denkt daran, dass Gott nicht alles grade sein lässt! Er zieht Konsequenzen!
Im Galaterbrief lesen wir dasselbe, nur mit schärferen Worten ausgedrückt. Dort heißt es: „ Irret euch nicht ! Gott lässt sich nicht spotten . Denn was der Mensch sät, das wird er ernten“. Das ist ein sehr hartes Wort. Aber es ist freundlich gemeint. Es ist eine Erinnerung, eine Mahnung, keinen Fehler zu machen. Denn dieser Fehler ist tödlich.
Mit solchen Leuten dürft ihr nichts zu tun haben, schreibt der Verfasser. Mit solchen Leuten will hoffentlich keiner was von uns zu tun haben…. Oder müssen wir uns nicht doch mit ihnen auseinandersetzen, ihre Motivation zu solchen Taten kennen, sie von ihrem irrigen Weg abbringen. Es sind die dieselben starken Worte, die wir hören, wie nach dem Attentaten auf das World Trade Center am 11. September 2001. Und ist die Welt seit dem sicherer geworden….?
Der Verfasser des Briefes weiß wohl anscheinend um diesen Widerspruch, wenn er sagt: Auch ihr gehörtet einst zur Finsternis, ja, ihr wart selbst Finsternis. Da macht Gott den Unterschied. Er kommt zu uns in die Finsternis und hat uns aus dieser Finsternis herausgeholt. Warum sollte er nicht auch zu den anderen gehen, die in der Finsternis sind und sie herausholen, warum sollten wir es nicht auch tun? Wenn wir als Menschen des Lichtes leben wollen, dann dürfen wir nicht über die hinwegschauen, die in der Dunkelheit sind. Und wir müssen uns selbst immer wieder überprüfen, ob wir denn wirklich im Lichte Gottes leben.
In Madrid ist vielen Menschen viel Leid geschehen. Leid ist alltäglich in unserer Welt. An vielen Orten dieser Welt wird gelitten. Das meiste Leid nehmen wir gar nicht wahr, weil es für unsere Medien nicht mehr interessant ist. Selbst aus dem Irak hören wir nur noch, wenn Anschläge wieder mehrere duzende Opfer gefordert haben. Das Leid, was sich bei uns in vielen Häusern abspielt, das nehmen wir auch nicht gerne wahr. Auch Leid in unserer Umgebung nicht. Marc Dutroux ist kein Einzelfall. In vielen Familien werden Kinder missbraucht und keiner redet darüber. Sogar Nachbarn schweigen mit. Die vielen Alten, die liegen und auf den gnädigen Tod warten. Das Leid gehört zu unserem Leben. Für dieses Leid ist Jesus gestorben, dass Leid, dass uns im Gesicht eines alten kranken Menschen entgegenblicken kann, aber auch das Leid, dass über unsere Bildschirme flimmert. Das Leid, was viele sicherlich im Kino im Film Passion Jesu Christi ansehen werden.
Leid ist alltäglich. Leider. Und doch ist es nicht hinnehmbar. Gott redet uns als seine geliebten Kinder an, wie es auch hier der Verfasser des Epheserbriefes tut.
Gott lässt die Seinen nicht allein. „Die geliebten Kinder“ werden nicht nur so an schönen Tagen, sondern auch an leidvollen so angeredet. Gott kam in die Welt – das ist die Botschaft, die gute, die schöne Nachricht von Weihnachten. Da kommen wir her. Diese Nachricht ist nicht in der Passionszeit vergessen. Wir können in der Passionszeit singen „Kyrie, eleison, Herr, erbarme dich“. Denn es hört uns der Herr. Er kam Weihnachten. Gott sandte seinen Sohn.  Das Leid ist in unserer Welt. Sie droht Weihnachten zu verdrängen. Doch die Hoffnung kommt von Ostern her. Vom Tag, da Gott die Finsternis besiegte.

Und Friede Gottes ist höher als alle Vernunft, er regiere in unseren Herzen und vertreibe alle Finsternis, im Namen Jesu Christi, dem Licht der Welt. Amen

Email: JMuthmann@t-online.de
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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