Predigt am Sonntag Exaudi, 23. Mai 2004, Epheser 3, 14-21

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!

Liebe Gemeinde! Ich verlese ihnen zunächst den für heute vorgeschlagenen Predigttext  aus dem Epheserbrief, Kapitel 3,14 - 21

14 Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater, 15 der der rechte Vater ist über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden, 16 dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen, 17 dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe  eingewurzelt und gegründet seid. 18 So könnt ihr mit allen Heiligen begreifen, welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist, 19 auch die Liebe Christi erkennen, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet mit der ganzen Gottesfülle. 20 Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt, 21 dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus zu aller Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Liebe Gemeinde!

Paulus betet! Paulus betet für die Gemeinde in Ephesus. Für die kleine Gemeinde, die im Trubel dieser antiken großen Handelsstadt untergehen zu droht. Die kaum beachtet am Rande der Vielfalt auf dem religiösen Markt eine kleine Nische am Rande der jüdischen Gemeinde besetzt.

Der richtige Text für den heutigen Sonntag, der im Kirchenkalender den Namen Exaudi trägt. Exaudi: Höre, höre Gott, meine Stimme, wenn ich rufe, sei mir gnädig und erhöre mich! Ein Wort aus dem Psalm 27, Vers 7.

Aber auf was soll Gott hören? Zunächst wohl auf unser Gebet, welches wiederum zunächst sein wird: Bitten, Wünsche, Klagen: Höre, Herr und hilf uns! So beten wir ja normalerweise. Den Jüngern wird es wohl ähnlich gegangen sein. Himmelfahrt ist gerade ein paar Tag her. 40 Tage war Jesus nach seiner Auferstehung bei ihnen. Hat ihnen so vieles erklärt was geschehen ist. Die Auferstehung. Und er verspricht ihnen den Tröster, den Heiligen Geist. Doch jetzt ist er vor ihren verschwunden. Jesus hat sie allein gelassen. Im Stich gelassen? Sie werden verzweifelt gewesen sein. Gott, höre auf uns, wo bist du. Das der Tröster kommt, das Pfingsten wird, daran glauben sie noch nicht.

Paulus und auch wir wissen, dass nach Christi Himmelfahrt Pfingsten kommt.  Donnerstag haben wir uns an die Himmelfahrt erinnert, auch wenn viele nur noch vom Vatertag reden. Himmelfahrt sagt uns, dass der Himmel nicht da oben am Firnament zu suchen ist, sondern da wo Gott und die Menschen vereint sind. Da wo Kirche ist auf Erden. Zwar mit allen Vorbehalten, es menschelt und wir machen Fehler. Aber die Kirche ist eben schon etwas, was die Grenzen unseres Menschseins sprengt. Und Kirche beginnt zu Pfingsten. Als der Heilige Geist, der Tröster in unsere Welt kommt. Der unser Ja zu Gott und seiner Geschichte mit uns ermöglicht.

Der Sonntag heute, Exaudi aber ist die Zwischenzeit - die Erfahrung vor dem Geist und die Erfahrung nach der Anwesenheit des Verklärten. Es ist eine leere zeit, Wartezeit. Eigentlich ein guter Anlass ein wenig innezuhalten und nicht von einem Fest in das nächste zu torkeln. Von dem einen langem Wochenende mit Brückentag in das nächste mit Montags frei.

Unser Predigtwort gibt uns zwei Hinweise für diese Zeit. Zunächst ein wirkliches Exaudi: Höre, Herr! „Ich beuge meine Knie vor dem Vater, dass er euch Kraft gebe - dass Christus in euren Herzen wohne!“ Paulus betet. Für die Gemeinde in Ephesus und auch für uns. Höre Gott! Höre Gott und schenke den Menschen in deiner Gemeinde die Kraft stark zu werden. Stärke sie von innen her. Lass sie spüren und erkennen, dass Christus in ihren Herzen wohnt! Paulus fordert aber auch jeden von uns auf zu beten. So wie er kann, nicht mit schönen Worten, sondern so wie es ihm auf dem Herzen und den Lippen liegt. Es kommt nicht auf die Menge der Worte an, sondern nur auf die Echtheit des Gebetes. Eine kleine Geschichte dazu:

„Eines Abends spät merkte ein Bauer auf dem Heimweg vom Markt, dass er sein Gebetbuch nicht bei sich hatte. Außerdem brach mitten auf diesem Weg ein Rad seines Wagen, und er wurde traurig, dass ein Tag vergehen sollte, ohne dass er seine Gebete verrichtet hätte. Also betete er: „Ich habe heute einen großen Fehler gemacht, Herr. Ich bin ohne mein Gebetbuch von zu Hause fortgegangen, und mein Gedächtnis ist so schlecht, dass ich kein einziges Gebet auswendig sprechen kann. Deshalb werde ich dies tun: ich werde fünfmal langsam das ganze ABC aufsagen, und du, der du alle Gebete kennst, kannst die Buchstaben zusammensetzen und daraus die Gebete machen, an die ich mich nicht erinnern kann.“ Und Gott, der Herr sagte zu seinen Engeln: "Von allen Gebeten, die ich heute gehört habe, ist dieses ohne Zweifel das beste, weil es aus einem einfachen und ehrlichen Herzen kam.“ Will sagen, dass unser Gebet eine Herzensangelegenheit ist, dass es aus unserem Innern kommen soll. So können wir beten, wenn Christus in uns ist.

Der zweite Hinweis ist dieser: Da möchte ich ihnen was zeigen. Ich habe hier verschiedene Werkzeuge: (Wasserwage, Maßband, Zollstock, Präzisionsmessinstrument, ein theologischen Kommentar… ) Freie Rede: Ich erkläre, was man mit den einzelnen Sachen machen kann…

All diese Instrumente helfen uns begreifen, was die Breite und die Länge, Höhe und die Tiefe ist und es gibt noch vieles mehr davon. Bei den Werkzeugen ist das ja recht einfach einzusehen

Wenn ich als Theologe darüber nachdenke, wie viel Zeit und Studium wir darauf verbringen, um genau das zu verstehen, was die Länge und Breite, die Höhe und die Tiefe ist, wie viele dicke Bücher wie dieses hier uns im Studium und auch in der Praxis begegnen, so hat Paulus hier doch recht einfache Lösungsvorschläge. Kein hoher theologischer Disput ist notwendig, es kommt nicht auf äußerste Exaktheit an, die woanders sicherlich unbedingt erforderlich ist.

Es kommt allein auf unser Gebet an, wie wir uns zu Gott wenden, um Gott selbst zu erkennen. Um seine Liebe in uns zu spüren. Um etwas von der Kraft zu bekommen, von der Paulus hier redet. Wir können versuchen die Liebe und Kraft Gottes zu beschreiben, doch mit unseren Worten und Mitteln kommen wir da nicht viel weiter. Die Breite und die Länge, Höhe und die Tiefe der Liebe und Kraft Gottes können wir mit all unseren Hilfsmitteln nicht ermessen. Doch durch das Gebet können wir uns ihr nähern und sie endlich bekommen.

Gott will uns verwandeln unser ganzes Leben lang. Der Grundstein wird gelegt spätestens in unserer Taufe, wenn für uns  gebetet wird. Gott will uns mit seiner Liebe und Kraft erfüllen. Das geht uns ganzes leben lang so. Und gleichzeitig wissen wir, dass wir die Fülle der Liebe und der Kraft Gottes in uns in unserem Leben nie ganz ermessen können. Wir merken aber, dass die Liebe mehr ist als unsere Begriffe von Liebe, sei es romantische Liebe, wie gestern auf der Hochzeit des spanischen Thronfolgerpaares zelebriert, sei es die Nächstenliebe und Toleranz, von der es viel zu wenig unter uns gibt. Es gibt aber Momente, wo uns diese Liebe Gottes nahe kommt, wo uns der Himmel offen steht. Wie das Lied Wo Menschen sich vergessen beschreibt, wo Himmel und Erde sich berühren, wenn wir diese Liebe bedenken, den Hass überwinden und uns verbünden.

Bis aber, diese Erkenntnis der Liebe und Kraft Gottes uns vollständig ausfüllt - bis dahin sollen wir im Gebet bleiben. Die Worte des Paulus können uns helfen. Höre unser Gebet Gott: „Der du überschwänglich tun kannst über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft von dir, die in uns wirkt, dir sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus zu aller Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen."

Und der Friede Gottes, der tiefer wirkt, als wir uns das vorstellen können, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

EMail: Pfarrer Muthmann
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

zurück zur Übersicht