Predigt am Drittletzten Sonntag des Kirchenjahres, 6. November 2005; Lukas, 11, 14-23

Kanzelgruß - Liebe Gemeinde,

Jesus war schon eine markante Persönlichkeit. Er tat Dinge, die andere zum Staunen brachten, die Ehrfurcht erregten. Die gleichen Dinge lösten bei anderen aber Abscheu und Widerwille aus. Ja sogar Gegnerschaft. So auch in dieser Geschichte aus dem 11 Kapitel des Lukasevangeliums

Und er trieb einen bösen Geist aus, der war stumm. Und es geschah, als der Geist ausfuhr, da redete der Stumme. Und die Menge verwunderte sich.

15 Einige aber unter ihnen sprachen: Er treibt die bösen Geister aus durch Beelzebul, ihren Obersten.

16 Andere aber versuchten ihn und forderten von ihm ein Zeichen vom Himmel.

17 Er aber erkannte ihre Gedanken und sprach zu ihnen: Jedes Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird verwüstet, und ein Haus fällt über das andre.

18 Ist aber der Satan auch mit sich selbst uneins, wie kann sein Reich bestehen? Denn ihr sagt, ich treibe die bösen Geister aus durch Beelzebul.

19 Wenn aber ich die bösen Geister durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden sie eure Richter sein.

20 Wenn ich aber durch Gottes Finger die bösen Geister austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen.

21 Wenn ein Starker gewappnet seinen Palast bewacht, so bleibt, was er hat, in Frieden.

22 Wenn aber ein Stärkerer über ihn kommt und überwindet ihn, so nimmt er ihm seine Rüstung, auf die er sich verließ, und verteilt die Beute.

23 Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.

 Liebe Gemeinde!

Eine teuflische Geschichte, nicht wahr. Es muss schon mit Beelzebub, dem Teufel zu gehen, wenn Jesus Geister austreibt und Stumme zum Reden bringt. Das ist schon Klasse, wie er das macht. Einfach so, mit dem Finger, einmal schnipp… und schon ist der böse Geist wirkungslos, sucht er das Weite.

Klasse, wie gesagt. Würde ich auch gerne können. Wenigstens ein bisschen. Mit den Fingern schnipsen und schon ist alles gut. ….Aber wo jemand was Besonderes kann, da sind die Neider und Heuchler nicht weit. So auch diese Neider: Das muss schon mit dem Teufel zu gehen, wenn dieser Mann böse Geister austreibt, sagen sie. Und wenn er mit dem Teufel im Bunde ist, dem Höchsten, Beelzebub, dann kann er bestimmt auch ein Zeichen vom Himmel herunterholen. Und was sie nicht sagen: Es kann nicht sein, dass dieser Jesus was kann, was wir nicht können. Denn wir glauben seit Generationen an Gott und erfüllen seine Worte ohne Wenn und Aber. Und dieser dahergelaufene Prediger aus diesem unbedeutendem Dorf Nazareth, ist doch nicht mehr als wir…..

Also ehrlich gesagt, diese Geschichte ist eine unendliche Geschichte. Was nicht sein kann, das kann einfach nicht sein. Und das Reich Gottes konnte nicht sein. Die Leute warteten auf das Reich Gottes. Aber wenn es vor ihren Augen sichtbar wurde, erkannten sie es nicht. Wenn wirklich jemand kam, der nicht wie die anderen scheinbar die bösen Geister austrieb. Also hatte Jesus keine Macht von Gott die bösen Geister auszutreiben. Sagen die Gelehrten. Sagen die, die es eigentlich wissen müssten. Was nicht sein kann, das kann einfach nicht sein….. Und doch war es so… Da kann sich jeder seinen eigenen Reim drauf machen.

Aber Jesus wäre nicht Jesus, wenn es ihm nur das Wunder ging, wenn es nur um eine lapidare Geisteraustreibung ginge, einem Exorzismus erster Güte. Es geht ihm hier um etwas anderes. Die Geister, Nebensache, Kranke gesund zu machen und die bösen Geister dahin zu schicken, wo sie hingehören, in die von ihnen heraufbeschworene Hölle. Das beeindruckt viele Menschen. Und solange Jesus ihnen hilft, erfüllt er den Willen des Vaters. Es wäre schon die Sache wert, nach den heutigen bösen Geistern zu gucken, nach dem was die Menschen stumm macht: Einsamkeit. Krankheit, Armut, Hartz IV, Katastrophen….

Doch Jesus geht es nicht nur um das leibliche Wohl der Menschen. Es geht ihn um den ganzen Menschen. Es geht ihm um uns. Es geht ihn um dich und mich. Er will uns mit Haut und Haaren. Er will uns mit Leib und Seele…. Ohne wenn und Aber.

In den letzten Wochen sind mir und ihnen schon mehrmals solche Worte Jesu begegnet, in denen er seinen Anspruch auf uns erhebt. Ich bin nicht gekommen Frieden zu bringen, sondern das Schwert .. ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien… Wer nun mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor dem himmlischen Vater…..

Es nicht nur darum zu beten: Jesus hilf, sondern es geht um unser klares Bekenntnis. Und hilft auch kein langes drum herum reden So klar wie er ist erwartet er unsere Antwort.: Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.

Eine harte Botschaft, der Zwang zur Entscheidung, entweder - oder, das Evangelium gibt es nicht zuckersüß als Christkind zu Weihnachten mit süßen Engelshaar unterm Weihnachtsbaum. Das er in Armut geboren wurde, vergessen wir allzu leicht. Die Botschaft Jesu: Eher ein Stein, an dem wir uns die Zähne ausbeißen.

Wenn ich versuchen würde, dieser teuflischen Geschichte den Zahn zu ziehen, sie leicht verdaulich zu machen, dann hätte ich mich entschieden - gegen Jesus. Wenn ich vorschlagen würde: Wir können Jesus einen Platz in unserem Terminkalender geben: Vielleicht Sonntagmorgen, in der Kirche, sonst haben viele von uns wenig Zeit. Dann hätte ich mich schon gegen ihn entschieden.

Denn er fragt jeden von uns, sie und mich- bist du für mich, dann folge mir, bist du für mich, dann setzt dich mit all deinen Fähigkeiten, deinen Gaben für mich ein. Wenn du das nicht tust, dann kann ich auf dich verzichten. Wenn du meine Worte nur hörst, du nur an mich glaubst, wenn du sonst keine Konsequenzen für dein Leben daraus ziehst, dann scher dich doch zum Teufel. Harte Konsequenzen. Bibel lesen- zur Kirche gehen – Taufen, Konfirmieren Kirchensteuer zahlen, das reicht eben nicht, wenn Jesus in unserem Leben sonst keinen Platz hat.

Allein diese Vorstellungen sind harte Tobak für uns, doch es kommt noch härter: Wer nicht sammelt, der zerstreut! Wer also keine neuen Menschen für Jesus gewinnt, der bringt sie von ihm ab. Christ werden, das ist einfach - Christ sein, das ist schwer.

Wer seinem Glauben keine Taten folgen lässt - der schadet der Sache Jesu mehr als das er ihr nützt. Er will uns ganz, er will das wir seine Hände werden und mit unseren Füßen in seine Spur treten. Er will uns ganz, selbst da wo's dunkel wird und wir durch Leiden gehen.

Harte Worte sind das - das von mir als Seelsorger, der doch aufbauen, der trösten und motivieren soll. Stattdessen kram ich die Keule aus, als ob ich ihnen diese Erkenntnis einhämmern will. Vielleicht ziehen einige unbewusst den Kopf ein, denken, so schlimm wird es schon nicht sein - aber es ist so schlimm - für uns. Es ist so gemeint. Jesus hat andere Worte in die gleiche Richtung gesagt.

Eure Rede sei ja, ja und nein, nein, was darüber ist, das ist von Übel (Mt 5,37)- Wer mich bekennt vor den Menschen - den wird der Menschensohn auch vor den Engeln Gottes bekennen (Lk. 12,8)- Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir folgt, der ist meiner nicht wert (Mt. 10,38).

Das Evangelium ist manchmal ein harte Botschaft. Es stellt uns vor Entscheidungen. Zurecht - sie dürfen sich fragen, wer kann das schon, ganz in seine Spur treten? Wer kann dann eigentlich vor ihm, dem Weltenrichter bestehn? Sie nicht - ich nicht, kaum ein Mensch dieser Welt? Die wenigen wirklich Heiligen dieser Welt vielleicht. Diese Übermenschen in Sachen Barmherzigkeit?

Dieses Evangelium kann unglücklich machen - denn will Jesus uns gebrechliche Menschen - mit allen Fehlern, die wir haben, mit den großen und kleinen Dämonen in uns, unseren Abhängigkeiten, - will er uns als seine Jünger haben, die wir doch so oft daran scheitern ein bisschen von seiner Liebe in die Welt zu bringen?

Und doch, bevor wir Geschichte mit dem bösen Geist ganz aus den Augen verlieren. Diese Geschichte ist der Schlüssel, warum Jesus uns das zumutet: Jesus will und wird diese Geister austreiben, die sich zwischen uns und Gott schieben wollen. In ihm begegnen wir Gott selbst, seiner Liebe. Und er nimmt sich eines jeden von uns an, egal, was er ist, woher er kommt, wie alt und wie jung er ist. Die Besessenen  der Zeit Jesu waren, die Menschen, die ganz draußen waren, mit denen keiner mehr was zu tun haben wollte. Wie in der Geschichte der Heilung des epileptischen Jungen.

Weil Jesus sich ganz uns zuwendet erwartet er auch von uns, das wir uns ihm ganz zu wenden. Falsch ist es zu denken, wir müssen überall seine Botschaft hinausposaunen. Vor der Tür in der Fischerstraße auf unserer Kö…

„Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich.“ Mit ihm sein, heißt seine Worte in unserem Lebensbereich nicht verstummen zu lassen. Sagen wir's weiter, was wir von ihm wissen, was er unter den Menschen getan hat und wie er seine Leute haben wollte. Und fangen wir ruhig bei unseren Kindern damit an, von ihm zu erzählen, nicht nur als kleine Kinder, vielleicht gerade dann, wenn sie schon konfirmiert sind oder schon erwachsen! Und hören wir nicht bei unseren Freunden und Nachbarn auf damit.

Mit ihm sein, heißt sich von seiner Lebensart anstecken lassen, den Menschen vorbehaltlos begegnen, sie nicht festlegen auf das, was ich von ihnen weiß - ihnen einen Anfang schenken, wie ich selbst ja jeden Tag neu anfangen darf - durch ihn. Ein bisschen mehr Freundlichkeit würde manchem auch recht gut stehen - nicht dieses ewige Lächeln, das manchem so leicht fällt, meine ich, sondern den aufmerksamen und feinfühligen Umgang auch mit schwierigen Menschen, bei denen es uns nicht einfach ist. Und beginnen wir nur mit unserem Nachbarn, nebenan oder schräg gegenüber oder in der nächsten Reihe.

Mit ihm sein heißt sich einmal besinnen, wo wir anderen Herren nachlaufen. Über unser Verhältnis zum Besitz nachdenken - und was wir andern vorenthalten. Wahrnehmen wie wichtig uns das Haus ist und unser Auto - und wie daneben unser Opfer für die Armen und Hungernden aussieht. Darauf achten, wie oft an Tag wir unseren Willen tun - und wie selten den seinen. - Wie oft uns der Teufel Habgier besitzt und wie selten der Engel der Barmherzigkeit

Noch vieles könnte das heißen: Mit ihm sein. Wir werden - jeder für sich - Wege hinter ihm her finden. Grund genug zum Engagement für seine Sache haben wir - wir müssen uns nur erinnern.

Keine teuflische Geschichte am Ende. Eine Geschichte, die davon redet, dass Jesus uns begegnen will, dass er uns haben will, mit Leib und Seele. Nicht als Stumme, die seine Botschaft verstecken. Sondern als Befreite, die vom ihm der Welt erzählen. Jeder von uns kann das, jeder der sagt: Ich bin für dich Jesus, weil ich weiß, dass du für mich da bist.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, schenke uns neue Lebenskraft und Phantasie, dort wo wir in Jesu Nachfolge leben. Amen

Email: JMuthmann@t-online.de
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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