Predigt am 50jährigen Jubiläum der Frauenhilfe Vogelsangplatz, 10. Januar 2004, 11. Uhr Kirchsaal, Vogelsangplatz über Matthäus 25,40 (34 – 40)

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und von Jesus Christus, seinem Sohn, unserem Herrn!
Liebe Gemeinde, liebe Frauenhilfe Vogelsangplatz, liebe Gäste, liebe Festgemeinde!
Ein Jubiläum wird heute gefeiert. Ein Jubiläum, das unserer Gemeinde gut tut. Und unsere Gemeinde feiert heute gemeinsam mit der Frauenhilfe hier am Vogelsangplatz, die heute 50 Jahre alt wird. 50 Jahre sind mehr als ein halbes Menschenleben. In 50 Jahren wird eine Menge bewegt. Mit 50 Jahren gehört man oder besser frau noch nicht zum alten Eisen. Auch wenn es manchmal äußerlich den Anschein hat. Im Gegenteil. Was wäre unsere Gemeinde ohne die Frauenhilfe hier am Vogelsanglatz und an der Gnadenkirche? Segensreich ist die Arbeit beider Frauenhilfen für unsere Gemeinde.
Ich weiß noch, wie ich das erste Mal mit Frauenhilfe in Kontakt kam. Das war 1988 in Bonn. Ich war noch im Studium. In meiner Heimatgemeinde in Dinslaken – Hiesfeld wusste ich zwar, dass es so etwas wie eine Frauenhilfe gab, aber mehr auch nicht. In Bonn – Holzlar, wo ich damals wohnte, bekam ich einen Eindruck davon wie wichtig die Frauenhilfe für die Gemeinde ist. Es ging um den Aufbau einer Sozialberatung in einer Siedlung mit vielen sozial schwachen Bewohnern. Beim Pfarrer der Gemeinde stieß ich mit der Sozialarbeiterin des Diakonischen Werkes auf taube Ohren. Als aber die Frauenhilfe davon Wind bekam, da ging es schnell und zügig. Ein wöchentliches Frühstück, ein monatlicher Kaffeenachmittag war um die Sozialberatung schnell organisiert. Schon bald war ein Großteil der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Treffs am Bergmeisterstück aus der Frauenhilfe der Gemeinde. Sicher waren die meisten der Frauen über 60 Jahre alt. Aber das tat ihrem Elan keinen Abbruch. Die jüngeren ratsuchenden Frauen konnten sich von den älteren oft nicht nur Rat und Hilfe holen, sondern auch eine Scheibe Lebensmut abschneiden. Die Frauenhilfe übrigens residierte im Gemeindezentrum im besseren Ortsteil der Gemeinde. Letztes Jahr wurde der Treff 15 Jahre alt. Ohne Frauenhilfe nicht denkbar.
Aber so denke ich ein gutes Beispiel für das, was der Predigttext meint. Wir haben ihn gerade in der Lesung gehört. Den zentralen Vers aus dem Text möchte ich noch einmal vorlesen:
Predigt über Matthäus Kapitel 25, Vers 40
Was ihr für einen meiner geringsten Brüder oder für eine meiner geringsten Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan.
 
Ich denke,  diese Worte sind so etwas wie das Evangelium der Frauenhilfen. Sie sagen glasklar, was das eigentliche Anliegen der Frauenhilfe ist. Nicht sich selbst genügen, sondern die eigenen Kräfte und Fähigkeiten in den Dienst der Gemeinschaft und besonders der Benachteiligten zu stellen.
Als ich schließlich vor 10 Jahren nach Wanheimerort kam, wechselte ich ja praktisch die Seite. Plötzlich war ich der Pfarrer. Ich nahm die Frauenhilfe aus einem ganz anderen Blickwinkel wahr. In Bonn hatte ich mir keine Gedanken darüber gemacht, welche Arbeit so eine Frauenhilfe sonst noch leistet. Auch im Vikariat und im Hilfsdienst habe ich kaum mehr von den Frauenhilfen wahrgenommen. Das haben mich erst die beiden Wanheimerorter Frauenhilfe gelehrt. Welche Arbeit, da im Stillen, ungefragt und äußerst zuverlässig verrichtet wird. Die vierzehntäglichen Nachmittage sind das Eine. Diese prägen leider ein etwas negatives Image der Frauenhilfe als Schwatzbude. Abgesehen davon, dass macht doch jede Altergruppe, nur im Stil unterschiedlich. Die Kommunikation ist lebenswichtig. Und für manche der Frauen ist dieser Nachmittag der Tag, an dem sie endlich mal raus aus ihren vier Wänden kommen. Aber was viele nach außen, besonders die Jüngeren nicht sehen und wissen, sind die vielfältigen diakonischen Arbeiten, die die Frauenhilfe für die Gemeinde ohne viel Murren erledigt. Da ist das selbstverständliche Helfen bei Festen jedweder Art. Die ungezählten Besuche bei kranken, einsamen und zumeist älteren Gemeindeglieder. Zu Hause oder im Krankenhaus. Die Adventssammlungen sind bis heute ohne Frauenhilfe undenkbar. Viele Kilometer werden für oft geringe Beträge abgelaufen. Aber auch Menschen bekommen so Kontakt zu unserer Gemeinde. Erste Basare wurden ab 1967 aus der Frauenhilfe heraus organisiert, bis schließlich der Bastelkreis sich als selbständiger Zweig der Frauenhilfe in unserer Gemeinde etablierte. Als die noch eine Grenze unsere beiden deutschen Staaten trennte, wurden selbstverständlich unsere Partnergemeinde Mixdorf/Grunow mit sinnvollen Geschenken bedacht. Ebenso früher noch die Flüchtlingshilfe Berlin. Viele bleibt noch ungenannt. Doch wir sehen: Ungezählte Menschen hier in Wanheimerort und auch auf Sri Lanka bekamen so Anteil an der segensreichen Arbeit der Frauenhilfe.
Da mögen manche Leute noch sagen, die Frauen der Frauenhilfe seien ein Auslaufmodell. Eher sollten sich diejenigen, die so reden mal im Stillen fragen, ob sie mit den Frauen der Frauenhilfen in ihrem sozialen und diakonischen Engagement mithalten können. Auch wir Pfarrer können uns das fragen.
Ich will damit nicht sagen, dass alles Gold ist, was hier glänzt. Schließlich sind die Frauen unserer Frauenhilfen auch nur Menschen. Menschen machen Fehler. Bekommen sich manchmal in die Haare, auch mit den Pfarrern gibt es mal Stress. Doch wichtiger ist der Wille zur Versöhnung. Auch das habe ich gerade am Anfang meiner Jahre hier gelernt. Da gabt es immer wieder mal Irritationen. Doch auch das ist ein Anliegen der Frauenhilfe: Immer bereit sein, wieder aufeinander zu zugehen.
Aber zurück zum Predigttext. Eigentlich legen sich diese Worte ja jetzt von selbst aus. Wir brauchen nicht drumherum reden. Was da der König der Welt sagt, dass trifft in vielen Punkten auf die Arbeit der Frauenhilfe zu. Sich um die geringsten Brüder und Schwestern zu kümmern, für sie da zu sein. Das ist und bleibt das Hauptanliegen der Frauenhilfe. Auch nach 50 Jahren. Und das Alter der Mitglieder der Frauenhilfe spielt da keine Rolle. Und ich denke ich darf an dieser Stelle allen Frauen heute hier da zu sprechen, was da vom König der Welt gesagt wird über die, die seinen Willen tun.
Liebe Frauenhilfe, ihre Arbeit ist zutiefst Arbeit nach dem Willen Gottes. Jeder Besuch, jedes Sammeln von Spenden, jede Bastelarbeit, jedwedes Helfen in der Gemeinde. Aber auch der Halt, den viele in der Gemeinschaft der Frauenhilfe finden und, bisher nicht gesagt, jede Begleitung im Trauerfall. All dass sind Dinge, in denen sie im Sinne des Königs der Welt handeln. In denen sie dem König der Welt, unserem Gott, Gutes tun, denn sie haben es einen seiner geringsten Brüder und Schwestern getan. Und das haben sie in den vergangenen 50 Jahren als Evangelische Frauenhilfe Vogelsangplatz vollbracht.
Als Gemeinde sind wir ihnen zutiefst zu Dank verpflichtet. Sie sind Vorbild für viele in unserer Gemeinde. Auch für viele, die es vielleicht gar nicht wahrhaben wollen. Unsere Gemeinde, ohne Frauenhilfe ist sie nicht denkbar.
50 Jahre sind ein Grund, sich auch mal selbst zu feiern. Auch das ist im Sinne des Königs der Welt. Jeder, der gute Dinge tut, hat längst das Recht erworben, sich selbst auch was Gutes zu tun. Der König der Welt sagt uns zu: Nur wer sich selbst liebt, wer sich selbst was Gutes tut, der kann auch anderen Gutes tun.
Auch die Frage, wie geht es weiter, sei erlaubt. Frauenhilfen erleben sich selbst ja auch oft als überaltert. Als Auslaufmodell. Diese Frage steht heute auch im Hintergrund. Wie lange kann die Frauenhilfe noch existieren? Hier am Vogelsangplatz? Ich würde da nicht so schwarzsehen. Es gibt hier viele auch jüngere Frauen, denen die Ziele der Frauenhilfe durchaus ein Anliegen sind. Die auch vieles in Sinne der Frauenhilfe tun. Auch wenn sie sich so nicht nennen. Offenheit ist hier gefordert. Einander, auch in den verschiedenen Lebenswelten, sich zu akzeptieren. Dann kann durchaus was Neues entstehen und Bestehendes weitergeführt werden.
Denn nicht wir sind es, die die Gemeinschaft im Namen Christi begründen und tragen. Es der König der Welt selbst. Er ist, der uns zur Gemeinschaft zusammenführt.  In seinem Geist sind wir tätig, wenn wir nach der Prämisse handeln:
Was ihr für einen meiner geringsten Brüder oder für eine meiner geringsten Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan.
Er ist es, der uns Zukunft schenkt.
Und der Friede Gottes bewahre eure Herzen und Sinne, er mache euren Verstand hell, und eure Hände helfend im Dienste Jesu Christi, unseres und des Königs der Welt. Amen
Pfarrer Jürgen Muthmann
 
Email: JMuthmann@t-online.de
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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