Predigt (1. Möglichkeit) am 25. Januar 2004, Römer 1, 16 -17

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!

Liebe Gemeinde!

 

Ich möchte sie fragen: Schämen Sie sich? Kommt es vor, daß sie sich aus irgendeinem Anlaß schämen?

Ich weiß, es gilt nicht als schick, das zuzugeben. Schämen - Scham zeigen - keiner tut das gerne. Aber jedem widerfährt es - mehr oder weniger - selten und tagein tagaus.

Schämen Sie sich?

Wer sich schämt, der ist verletzbar, der zeigt der Welt um sich herum seine verletzbare Seite, der wird angreifbar und schwach.

Schämen sie sich?

Wir vermeiden rote Wangen und zitternde Hände in der Öffentlichkeit unter anderen Menschen. Scham zeigen gilt eben als unschicklich - als Schwäche - Daher ziehen sich die meisten von uns und schämen sich lieber im Verborgenen - da wo es keiner sieht - da wo keiner uns noch mehr verletzen kann.

Scham verschlägt uns die Sprache. Scham bringt selbst den größten Redner zum Schweigen. Wer sich schämt, ist nicht mehr Herr seiner Zunge! Wer sich schämt, kann  nicht mehr sagen, was er zu sagen hat.

Schämen Sie sich?

Jeder von uns tut das eigentlich. Eine typische Reaktion, wenn wir verunsichert sind, oder seltener, uns freuen. Scham ist uns peinlich. Wir zeigen sie ungern den andern. Wir verstecken und verheimlichen sie. Scham hat was mit Tabu zu tun. Mit den Sachen, über die man nicht spricht. Denn die Folgen erscheinen uns oft unkontrollierbar.

Schämen tun wir uns aus verschiedensten Gründen. Die meisten von uns schämen sich, wenn sie sie einen Fehler begangen haben, wenn jemand anders zu Unrecht beschuldigt haben und die Wahrheit schließlich doch ans Licht kommt. Menschen schämen sich weil sie Behinderungen haben. Oder deren Angehörige schämen sich und zeigen sich mit ihren behinderten Angehörigen nur ungern unter Menschen. Es ist ihnen peinlich, mit einem - hart gesagt - Krüppel gesehen zu werden.

Menschen schämen sich, weil sie krank sind. Die Krebspatienten, denen nach der Chemo die Haare ausfallen. Die ihre kahlen Köpfe unter einer Mütze verstecken.

Menschen schämen sich, weil deren Partnerschaft in die Brüche gegangen ist. Wer will schon eingestehen, daß die Lebensplanung gescheitert ist.

Und in dieser Woche aktuell, werden sich viele Kinder schämen, weil sie schlechte Zeugnisnoten nach Hause bringen. Wollen am liebsten, das Zeugnis nicht den Eltern zeigen. Fürchten die Konsequenze. Den Unmut der Eltern, oder schliimer: die Schläge.

Wer sich schämt, der wird angreifbar, verletzlich!

Wer sich schämt, der wird klein und schwach!

Wer sich schämt, der verliert sein Gesicht!

In seinem Brief an die Gemeinde in Rom schreibt Paulus zu diesem Thema und mehr wichtige Worte.

Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen. 17 Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht: »Der Gerechte wird aus Glauben leben.«

Liebe Gemeinde!

Christ sein war zu der Zeit Paulus nicht selbstverständlich. Gerade mal im jüdischen Ursprungsland mögen sich um 50 nach Chr. mal einige christlichen Gemeinden entwickelt haben. Die Juden selber hielten die Christen noch für eine ihre zahlreiche Sekten und unterschätzten die Kraft, die in der Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi lag. Im römischen Reich waren die Christen durchaus schon ein Begriff. Es galt auf sie achtzuhaben. Vorallem ihre mangelnde Bereitschaft, den Kaiser gottgleich zu verehren stieß den römischen Machthabern übel auf. schließlich war dadurch der Tatbestand der Staatszersetzung gegeben.

Im Rom selber mag damals nur eine kleine Gemeinde existiert haben. Vielleicht 100 vielleicht 200 oder ein paar mehr Leute. Gemessen an Rom mit seiner großen Einwohnerschaft war der Anteil äußerst gering.

Christliche Gemeinden erwuchsen oft aus den Synogogengemeinden der Juden. Abspaltungen normal. Man war also eine Minderheit. Sich öffentlich zu den Christen zu bekennen, konnte großen Ärger bedeuten. In den jüdischen Gemeinde wurde man vielleicht nur verlacht. Man hatte Grund zum Schämen. Der Staat aber verfolgte oft bekennende Christen. Und zu sagen, ich bekenne mich zu Christus, das konnte einigen Ärger bedeuten.

Paulus natürlich um diese Fakten, als er der Gemeinde in Rom seinen Brief schrieb. Ihm selber war es ja oft genug so gegangen, daß er wegen seiner Botschaft verlacht wurde. Auf dem Areopag in Athen gab es viele, die ihn verspotteten, weil er die Auferstehung Jesu Christi predigte. mehr als einmal saß er im Gefängnis wegen der Christusbotschaft.  Auch seine Vergangenheit war bekannt, Saulus, einer der größten Christushassern unter den Juden, einer, der alles tat, die Christen in Mißkredit zu bringen, der als Kollabarateur bei der Steinigung des Stephanus auftrat. Er selbst war also dereinst auf der seite der Spötter und Verfolger. Und seine Leser hatten auch von diesen Geschichten gehört. Selbst bis Rom war ihm sein Ruf vorausgeeilt.

So hatten diese Worte zu Beginn des langen Briefes an die Gemeinde in Rom große Bedeutung. Ich schäme mich nicht des Evangeliums! Da klingen all die Geschichten an, die Paulus erlebt hat. Da hören die Leser den unbändigen Willen des Paulus, nicht ein Stück von seiner Verkündigung abzuweichen. Sie hören den ungebrochenen Mut des Paulus, die Botschaft des Auferstandenen zu allen Menschen zu bringen, egal ob Juden oder Griechen, ob Römer oder Spanier. Paulus schämt sich nicht seiner Botschaft. Im Gegenteil, er zieht die Kraft zu ihrer Verkündigung aus der Botschaft selbst, die für ihn eine Kraft Gottes ist.

Überhaupt, Kraft Gottes, einer starker Begriff an dieser Stelle. Das Evangelium selbst ist die Kraft Gottes. Sozusagen ein nicht versiegender Energiespender. Einer, der sogar verbrauchte Energie zurückbringen kann. Eine Art Akku oder Batterie, die immer wieder von Gott selbst aufgeladen wird. Leider macht nicht jeder diese Erfahrung. An das Evangelium zu glauben fällt manchmal sehr schwer. Gerade in Bedrängnis, in Situationen, wo man sich alleine, verlassen vorkommt. Gerade, wenn man sich schämt. Das Evangelium, diese Botschaft von der Liebe Gottes. Die Botschaft, daß Gott uns Menschen liebt. Das er jeden einzelnen so annimmt, wie er ist. Das wir nichts vorzuweisen brauchen, um von ihn geliebt zu werden. Die Botschaft, daß Gott uns nicht losläßt, weder im Leben noch Sterben, noch im Tod. Die Botschaft, die selig macht alle, die daran glauben. Die allen Heil und Lebenserfüllung bringt, die daran glauben.

Der Glaube an den gnädigen Gott, der sich selbst uns in seinem Sohn geschenkt hat, der nicht durch unsere Opfer und guten Werke gnädig gestimmt werden will. Ein schwieriger Glaube.

Der Hauptmann von Kapernaum hatte weniger Schwierigkeiten mit diesem Glauben. Er, der gewohnt war zu befehlen, der aber auch das Vertrauen seiner Soldaten in die Verläßlichkeit seiner Befehle brauchte, er, der Römer war, ein Außenseiter der Gesellschaft. Dieser Hauptmann hatte keine Schwierigkeit, der Botschaft Jesu zu vertrauen. Allein dem Wort Jesu zu vertrauen, daß sein Diener wieder gesund wird. und Jesus zu der Feststellung nötigt, daß er solchen Glauben bisher in Israel nicht gefunden hatte.

Alle, die die Botschaft des Evangeliums hören und daran glauben gilt sie, für diese wird sie wahr, wird sie zur Kraft Gottes, die selig macht und heilt.

Ich habe oft das Gefühl, daß wir dem Evangelium Jesu Christi zu wenig zutrauen. Das wir die befreiende Kraft, die in ihm liegt nicht spüren, daß wir ihr die Dinge nicht zutrauen, die doch von ihr berichtet werden. Das wir uns des Evangeliums schämen, daß wir uns vielleicht von ihr abwenden. Die Botschaft, daß einer uns liebt, der ja sagt zu uns, erscheint zu unglaublich.

Und doch, immer wieder gibt es Beispiele, wo sich das Evangelium als Kraft Gottes in unserer Welt zeigt. Der Hauptmann von Kapernaum war so ein Beispiel, Paulus selbst ist es. Und nicht nur die großen Bekenner der Weltgeschichte sind solche Beispiele. Menschen, die für andere da sind, weil sie spüren , daß Gott für sie da ist. Die gibt es überall, neben uns, manchmal etwas versteckt, sogar etwas verschämt. Aber nur, weil sie Lob für sich nicht wollen und alles mit der Kraft Gottes, dem Evangelium begründen, die sie dazu befähigt.

Ich bin von Gott geliebt. Gott liebt mich. Er weiß, wer ich bin. Er kennt meinen Namen. Anfangs sagte ich ja, sich schämen hat etwas mit dem verlieren des Gesichtes zu tun. Bei Gott aber verlieren wir nicht unser Gesicht. Er erhebt sein Angeischt immer wieder über uns und schenkt uns seinen Freiden und seine Liebe. Er kennt uns und er sagt ja zu uns. In Taufansprachen sage ich dann oft. Gott kennt unsere guten und schlechten Seiten. Die guten läßt er gut sein, die schlechten will er uns helfen zu verbessern.

Wer dem Evangelium vertraut, der hat keinen Grund, sich zu schämen. Für den sollte schämen eigentlich kein Thema mehr sein. Auf Gott vertrauen hilft. Der Behinderte wird sicherlich nur selten gesund, doch allein mit dem Grund seiner Scham sich unter Menschen wagen, kann der Glaube bewirken. Kranke werden nicht gesund, doch können sie im Vertrauen auf die Kraft des Evangeliums mit ihrer Situation um gehen. Wissen sich in jeder Situation von Gott geborgen.

Arme werden nicht reich. Doch sie bekommen Mut und Hoffnung, Kraft und Geduld, um ihre Lage zu ändern. Aus eigener und manchmal aus fremder Kraft.

Zerbrochene Partnerschaften werden nicht heil, doch die Menschen in ihr bleiben heil. Schlechte Zeugnisse werden nicht besser. Aber Eltern, die aus dem Glauben an das Evangelium leben, zeigen ihren Kinder, daß Liebe stärker ist als schlechte Noten.

Liebe Gemeinde!

Schämen sie sich? Schämen sie sich ihres Glaubens? Schämen sie sich Gottes?

Dann sagen sie sich: Wer an die Kraft des Evangeliums glaubt, der wird stark und hoffnungsvoll!

Wer an das Evangelium glaubt, bleibt angreifbar und verletzlich, für das leid und Elend anderer, weil die Liebe Gottes ihn dazu anstiftet.

Wer an die Kraft des Evangeliums glaubt, der weiß, daß Gott ihn liebt, so wie er ist, der ist befreit, diese Liebe weiter zu den Menschen zu bringen.

Wer an die Kraft des Evangeliums glaubt, für den ist schämen eigentlich kein Thema mehr!

Und der Friede Gottes.............

Email: JMuthmann@t-online.de
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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