Predigt am 2. Sonntag nach Trinitatis, 20. Juni 2004, Epheser 2, 17-22

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!

Liebe Gemeinde! Ich verlese ihnen zunächst den für heute vorgeschlagenen Predigttext  aus dem Epheserbrief, Kapitel 2,17 – 22:

17 Und dann kam er, Jesus Christus,  und hat diesen Frieden allen verkündet, euch, die ihr fern wart, und ebenso denen, die nahe waren.

18 Durch ihn dürfen wir beide, Juden und Nichtjuden, in einem Geist vor Gott, den Vater, treten.

19 Ihr Menschen aus den anderen Völkern seid also nicht länger Fremde und Gäste. Ihr habt Bürgerrecht im Himmel zusammen mit den Engeln, ihr seid Gottes Hausgenossen.

20 Denn ihr seid ja in den Bau eingefügt, dessen Fundament die Apostel und Propheten bilden, und der Eckstein im Fundament ist Jesus Christus.

 21 Durch ihn wird der ganze Bau zusammengehalten, durch ihn, den Herrn, wächst er auf zu einem heiligen Tempel.

22 Weil ihr zu Christus gehört, seid auch ihr als Bausteine in diesen Tempel eingefügt, in dem Gott durch seinen Geist wohnt.

Liebe Gemeinde!

Ein starkes Wort, was hier Paulus benutzt: Bürgerrecht im Himmel. Gottes Hausgenossen. Das sollen die Menschen aus den anderen Völkern zusammen mit den Juden und Nichtjuden in Christus sein. Der Glaube an Christus führt Menschen zusammen, unterschiedlich von ihrer Herkunft und von ihrem Aussehen. Starke Wörter, die auch in den Geist der heutigen Zeit passen. Vorgestern wurde der Grundentwurf der Verfassung der Europäischen Union verabschiedet. Dieser soll die Menschen in Europa ja auch weiter zusammenführen. Viel wurde darüber diskutiert. Leider fehlt der Gottesbezug in der Verfassung. Denn im Sinne, wie Paulus das Wort hier gebraucht, wäre er sicher hilfreich und gut gewesen.

Doch hinter diesem schnell gesagten Wort: Bürgerrecht im Himmel. Wir sind Gottes Hausgenossen, steht unsere Realität. Paulus wusste wohl warum der das Wort gebraucht. Er hat was damit im Sinn. Um dahinter zu kommen, hilft ein Blick auf unsere Art zusammen zu Leben. Und da blicke ich mal auf unser Wanheimerort.

Wenn ich meine Hausbesuche mache bei Menschen aus unserer Gemeinde, dann treffe ich auf recht unterschiedliche Verhältnisse. Es gibt große Unterschiede in der Art und Weise, in der die Menschen in Wanheimerort in ihren Häusern und Wohnungen leben. In der Tannenhofsiedlung und Im Siepen und drum herum gibt es viele Hausbesitzer, die nur mit der Familie oder gar alleine in ihren Häusern wohnen.

Dann gibt es Siedlungen wie die Thyssen Niederrheinsiedlung und Schützenhaussiedlung, die Anfang und im Laufe der 50iger Jahre gebaut wurden. Es gibt noch Leute, die von Anfang an in diesen Häusern wohnen. Man kennt sich gut. Doch auch diese sterben nach und nach und neue Mieter ziehen ein. Und dann gibt es noch einige Hochhäuser: Am Bahndamm, am Kalkweg, Ecke Schlenk – Kalkweg und Ecke Düsseldorfer Str.Eine Besonderheit ist die Dickelsbachsiedlung. Auch wenn früher viel mehr Menschen dort wohnten, so ist diese Siedlung immer noch der dicht besiedelteste Fleck in Wanheimerort.

Ich komme auch in den Wanheimerorter Westen. Da gibt es viel weniger Hausbesitzer als östlich der Düsseldorfer Str. Es gibt viele Mietshäuser unterschiedlicher Größe. Überall trifft man sie an. Ob Gärtner- oder Eschenstrasse. Ob Rheintörchenstraße oder die sogenannte Hitzblecksiedlung zwischen Kultur und Nikolaistrasse. Es gibt aber auch Eigentumswohnungen wie die am Anfang der Nikolaistr.

Das Klima in den Häusern ist oft unterschiedlich. Nicht immer ist es gut wenn man Hausbesitzer ist. Nicht immer ist es schlecht, wie das Vorurteil über große Häuser lautet. Nicht immer kennen sich alle, wie gerne über die Dickelsbachsiedlung erzählt wird. Nicht immer vertragen sich alle. Da ist man Hausgenosse, man wohnt im gleichen Haus, hat aber den Nachbarn seit Tagen oder Wochen oder gar noch länger nicht mehr gesehen. Im Schlimmsten Fall hört man vom Nachbarn wieder etwas durch die Nachricht seines Todes.

Da ist man Hausgenosse, wohnt Tür an Tür, aber man hat nichts Besseres zu tun, als sich das Leben schwer zu machen. Ob der Flur nicht richtig gewischt wird, ob sich der andere nicht an der Reinhaltung im Haus beteiligt, ob die Musik mal zu laut ist, ob ein anderer wieder deshalb über den anderen herzieht.

Da regt man sich über Kleinigkeiten auf und ist nicht mehr in der Lage, miteinander zu sprechen. Das schaukelt sich oft gegeneinander auf, bis man nicht mehr in der Lage ist, sich in die Augen zu schauen. Schöne Hausgenossenschaft. Bürgerrechte werden benutzt, um sich gegenseitig das Leben schwer zu machen.

Es gibt natürlich auch die funktionierenden Hausgemeinschaften. In denen man gemeinschaftlich Regeln aufgestellt hat, um solchem Ärger von vornherein zu begegnen. In denen ein Klima des gegenseitigen Respekt herrscht und man sich freut, auf ein Pläuschen mit dem Nachbarn. Wo nicht lange gewartet wird, ob Hilfe gebraucht wird, sondern gleich diese angeboten wird.

Ich denke, sie können sich da gut einfinden und jeder von ihnen findet hier oder da einen Punkt, an dem er oder sie mitreden kann.

Ich sagte ja, Paulus hat sich bestimmt was dabei gedacht, als er vom Bürgerrecht im Himmel und davon sprach, dass wir in Christus Gottes Hausgenossen sind. Den Hintergrund für die Hausgenossenschaft kennen wir jetzt. Was aber ist mit dem Bürgerrecht, das im Himmel doch gleich sein sollte? Auf jeden Fall haben wir da heutzutage große Fortschritte gemacht gegenüber der Antike. In Deutschland und auch in Europa herrschen zumeist Demokratien. Jeder Bürger kann durch Wahlen seine Regierung mitbestimmen. Sicherlich wünschen viele von uns mehr Beteiligungsrechte, wie es etwa in der Schweiz der Fall ist, wo es viele Volksentscheide gibt. Aber zumindest gibt es bei den Wahlen Gleichheit und keiner hat zum Beispiel mehr Stimmen aufgrund seiner Herkunft. Es gibt keine Schicht, die nur aufgrund ihrer Herkunft von der politischen Willensbildung, eben der Ausübung ihrer Bürgerrechte, ausgeschlossen ist. Sicher ist die Realität etwas anders, die Möglichkeiten seinen Einfluss außerhalb von Wahlen auszuüben ist doch unterschiedlich und sicherlich oftmals zu hinterfragen. So gesehen die neue EU-Verfassung, wenn sie denn überhaupt in Kraft tritt, ein weiterer Schritt hin auf gemeinsame Bürgerrechte in Europa. Der Unterschied zur Antike ist beträchtlich. Heute sind die Bürgerrechte gerechter verteilt.

Nun aber wieder zu Paulus. Zum Bürgerrecht im Himmel und zur Hausgenossenschaft Gottes. Wenn wir im Predigttext weiterlesen, dann hören wir, wo denn dieses himmlisches Bürgerrecht und die Hausgenossenschaft mit Gott hier schon greifbar werden soll: Paulus spricht von dem Bau, dessen Fundament die Apostel und Propheten bilden, und der Eckstein, der alles zusammenhält ist Jesus Christus. Und jeder, der sich zu Christus bekennt ist ein Baustein in diesem Tempel. Paulus spricht hier von der Kirche, wie sie sicherlich schon vermutet haben. Keine getrennte Kirche, wie sie heute existiert, sondern eine einige Kirche in der Gott durch seinen Geist wohnt.

Ich kann nur folgende Schlüsse aus den Worten des Apostels ziehen. Was Hausgenossenschaft betrifft, müssen wir Christen Vorbilder sein. Wer Hausgemeinschaft mit Gott hat, sollte diese auch den anderen öffnen, die nicht zur Gemeinde zu gehören. Der sollte in seiner kleinen Hausgenossenschaft für ein Klima der gegenseitigen Achtung sorgen. Des gegenseitigen Annehmens. Das fängt bei uns in der Gemeinde an. In unseren Kreisen, in der der Begegnung mit den Geschwistern der anderen Glaubensrichtungen, geht weiter in den Begegnungen mit Menschen, in deren Leben Gott und Christus keine Rolle spielen.

Wer das Bürgerrecht im Himmel hat, sollte dieses allen zugänglich machen. Es nicht für sich behalten. Himmlisches Bürgerrecht spricht von der Liebe Gottes, die er jedem Menschen gleichermaßen anbietet. Himmlisches Bürgerrecht weiß von der Gleichheit aller an Christus Glaubenden, auch wenn man dieses auf unterschiedlicher Weise. Himmlisches Bürgerrecht weiß von der Gleichheit aller Christen, ob sie nun katholisch oder evangelisch oder einer freien Glaubensrichtung angehören. Himmlisches Bürgerrecht und Hausgenossenschaft Gottes weiß um die Einheit der Kirche und aller Glaubenden in Christus.

Himmlisches Bürgerrecht weiß aber auch von der Gleichheit aller Menschen und der Würde eines jeden, egal welcher Herkunft oder Aussehens er oder sie ist. Himmlisches Bürgerrecht weiß vom weltlichen Bürgerrecht.

Wie gesagt, starke Worte sind es die der Apostel Paulus hier gebraucht. Worte, die jeden von uns verpflichten, sein möglichstes zu tun, damit Himmlisches Bürgerrecht und Gottes Hausgenossenschaft Wirklichkeit werden. Wir müssen uns aber auch eingestehen, dass keiner von uns dieses perfekt umsetzen kann. Wir machen Fehler. Menschliche Fehler. Entscheidend ist aber der Wille, es immer neu zu versuchen. Wir sind auf Gottes Hilfe angewiesen. Auf seinen Heiligen Geist, der uns zusammenführt und in Frieden verbindet. In diesem schenkt Gott uns das Bürgerrecht im Himmel und seine Hausgenossenschaft.

Und der Friede Gottes, der uns zu Bürgern des Himmels und zu Gottes Haugenossen macht, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

 

 

 

 

EMail: Pfarrer Muthmann
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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