• Predigt am 15. Sonntag n. Trinitatis, 19. September 2004, 1. Petrusbrief 5,5c-11

    Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und von Jesus Christus, seinem Sohn, unserem Herrn!

    Liebe Gemeinde!

    Welche Sorgen bewegen zur Zeit? Was geht ihnen durch den Kopf, was liegt ihnen auf der Seele? Schon des Morgens, wenn sie aufwachen, begleitet sie den ganzen Tag hindurch, läßt sie selbst beim Einschlafen nicht los und bedrückt sie im schlimmsten Falle noch in ihren Träumen.

    Was brodelt tief in ihrem Innern und werden sie einfach nicht los? Macht sie vielleicht sogar noch krank an Leib und Seele?

    ……………………

    Im heutigen Predigttext hören sie ein Wort, in dem es genau darum geht. Um die Sorgen, die uns belasten. Es geht auch noch um andere Dinge, aber ich will mich auf die Sorgen beschränken. Der Text steht im 1. Petrusbrief, Kapitel 5, Vers 5c – 11:

    5b Alle aber miteinander haltet fest an der Demut. Denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.

    6 So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit.

    7 Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.

    8 Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.

    9 Dem widersteht, fest im Glauben, und wisst, dass eben die selben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen.

    10 Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.

    11 Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

     

    Liebe Gemeinde!

    Um ein wenig der Ernsthaftigkeit der Worte näher zu kommen, muss man wissen, wer hinter diesen Worten steckt. Von Petrus selber wird der Brief kaum verfasst worden sein. Aber wohl von einem seiner Schüler, der mit seiner Autorität schreibt. Da war damals durchaus üblich. Ist es ja auch heute, wenn wir an die zahlreichen Ghostwriter in Politik und Literatur denken.

    Dieser Schüler wird wohl in Rom gelebt haben, der mächtigsten Stadt der damaligen Zeit, Zentrum eines Reiches, das seine Widersacher mit teilweise brutalsten Methoden unterdrückte. Geschrieben wurde der Brief an Christen, die im Bereicht der heutigen Türkei lebten. Und der Hintergrund sind die bedrohlichen Situationen, in denen die Christen aufgrund ihres Glaubens an den auferstandenen Christus immer wieder kamen. Es war die Zeit des ausgehenden ersten Jahrhundert nach Christi Geburt. CA. 70 – 100 nach Christi Geburt. Die ersten Verfolgungen waren geschehen. Nicht wenige wurden einfach niedergemetzelt. Nicht wenige starben in irgendwelchen Zirkussen zur Belustigung der Leute. Der Glaube an den auferstandenen war gefährlichen. Der Glaube an den Sieg des Lebens über den Tod, dass nur einer Gott sein kann, brachte das eigene Leben in große Gefahr.

    Wer sich zu Christus bekannte, hatte es nicht leicht. Im Gegenteil, mit dem Bekenntnis handelte man sich gleich die lebensbedrohliche Verfolgung durch den römischen, angeblich gottgleichen Kaiser ein. Dieser ging umher wie der Teufel, wie ein brüllender Löwe, der immer auf der Suche ist, jemanden zu verschlingen.

    Sorgen hatte man als Christ in damaligen Zeit also mehr als genug. Zum Glück gibt es bei uns keine Verfolgungen wegen des Glaubens. Es herrscht Religionsfreiheit. Sorgen gab es damals auch im alltäglichen Leben.

    Das Zusammenleben in den Gemeinden war auch nicht einfach. Sie waren oft bunt zusammengesetzt. Herr und Sklaven waren im Glauben an Christus gleich. Manche Herren konnten das nicht ertragen und manche Sklaven schwangen sich zu Herren auf. Menschen wurden krank und starben. Ohne das das Reich Gottes angebrochen war. Das doch verheißen war. Es gab Zweifel an der Wahrheit der Worte der Apostel.

    Doch nun sprechen diese Worte in die heutige Zeit. In unserem Land herrscht Freiheit und Demokratie. Das ist gut so. Keiner wird verfolgt wegen seiner politischen Gesinnung oder seines Glaubens, es sei denn er wird zur Gefahr für unsere Gesellschaft.

    Doch Sorgen hat jeder von uns. Manch einer mehr als genug. Manch kann mit ihnen gut leben. Manch einer bürdet sich sogar noch die Sorgen anderer auf. Andere zerbrechen scheinbar schon an Kleinigkeiten.

    Am Anfang habe ich sie aufgefordert, darüber nachzudenken, was sie am meisten bedrängt, was sie am meisten sorgt. Wie gehen sie mit diesen Sorgen um? Versuchen sie krampfhaft nicht an sie zu denken? Weichen sie ihnen aus? Versuchen sie diese aus ihren Gedanken zu verbannen? Oder widerstehen sie diesen Sorgen wie es in den Worten des Predigttextes heißt?

    Ich möchte ihnen ein wenig von meinen Sorgen in den letzten Wochen erzählen. Da sind als erstes natürlich die Sorgen um meine Kinder, oder auch die Sorgen, die sie mir machen. Bei zweien läuft es in der Schule nicht so gut. Es war ziemlich belastend, bis sich Lösungen abzeichneten. Im Moment scheint sich alles wieder zu stabilisieren. Ich sorge mich ein wenig um meine Mutter. Ich habe das Gefühl, das sie, wie wir so sagen, „Alt wird“, und meinen damit, dass die Leistungsfähigkeit eines Menschen spürbar nachlässt.

    Sorgen mache ich mir auch um unsere Gemeinde. Um das Projekt an der Gnadenkirche. Wenn sie meine Andacht im Gemeindebrief gelesen haben, können sie sich das denken. Klappt das mit dem Umbau? Überheben wir uns nicht finanziell? Sorgen mache ich mir auch um die Stimmung in unserem Land. Gerade die politische Schwarz-Weiß Malerei im Zusammenhang mit Gesetzen wie Hartz IV oder der Gesundheitsreform. Hier wird viel falsch informiert und den politisch Radikalen in unserer Gesellschaft Vorschub geleistet. Die DVU und NPD werden heute in die Landtage in Brandenburg und Sachsen einziehen. Da haben diese oftmals verbrämten Menschen mit ihren Ideen von Deutschland nur den Deutschen nichts zu suchen.

    Manchmal sorge ich mich auch mich selbst. Denke an meine Gesundheit, wie ich meine Arbeit gestalte, denke über Änderungen nach, aber bewege mich nicht wirklich……

    Wie gehe ich mit diesen Sorgen um, wie gehen sie mit ihren Sorgen um? DA gibt es noch ganz andere Sorgen. Sorgen um kranke Familienmitglieder. Die Sorge, die die Trauer in uns hinterlässt, weil Menschen gestorben sind, die wir lieben.

     „Alle eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“ Heißt es im Predigttext. Ein einfaches Bild. Meine Sorgen, die würde ich lieber heute als morgen irgendwohin werfen, damit sie mich nicht belasten. Sorgenfrei zu leben, das wär doch was. Allein der Gedanke daran lässt mich freier atmen, fröhlicher blicken, aber nur Momente lang, dann sind die Sorgen wieder da. Hoffentlich nicht zurückgekehrt wie ein Bumerang.

    All meine Sorgen auf Gott werfen, dass möchte ich tun. Dieses Bild finde ich schön. Es tut gut. Der Gedanke, ich kann meine Sorgen wegwerfen wie einen Ball, der dann davon rollt. Ich kann gegen meine Sorgen treten, und sie wie einen Fußball ins Netz jagen. Ich kann meine Sorgen wie einen Stein übers Wasser springen lassen und zu sehen, wie sie endlich nach einem letztem Hüpfer im Wasser versinken und nicht mehr zu sehen sind…….

    Und ich weiß doch, dass meine Sorgen dann nicht verschwunden sind.

    All meine Sorgen auf Gott werfen….. Wenn ich bete, für mich, im Stillen, dann sage ich oft Gott, was mir Sorgen macht. Ich stelle ihm Fragen, ich klage manchmal auch an, ich hoffe auf Antworten auf Zeichen aber meist reicht es mir aus, Gott was mich bedrängt mitgeteilt zu haben. Auch mache ich auch die Erfahrung, dass ich meine Sorgen auf Menschen werfen kann. Menschen, die mir zu hören, die schweigen, die mir Rat geben, auch wenn der mir oft nicht passt, die mir Mut zu sprechen oder einfach nur da sind. Ich frag mich dann, wurden diese Menschen mir von Gott geschickt…..

    All meine Sorgen auf Gott werfen…. Das heißt nicht blindes Vertrauen, das heißt nicht den Kopf in den Sand stecken, wenn Schwierigkeiten des Lebens sich vor uns auftürmen. All meine Sorgen Gott werfen…., das tue ich in der Hoffnung, dass da jemand ist, diese Sorgen mit mir teilt, der mir die Last dieser Sorgen abnimmt und mit mir teilt, der eben für mich sorgt.

    Dazu gehört aber auch unbedingt die Einsicht in meine eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten. Etwas, was mir absolut nicht leicht fällt. Ein Machertyp wie ich lebt in Gefahr sich selbst zu überschätzen. Nur mit dieser Einsicht kann jeder von von seinen Sorgen abgeben.

    Gott hat all unsere Sorgen längs schon auf sich genommen. Hat sie an das Kreuz seines Sohnes Jesus Christus geworfen. Weil Gott in Jesus Christus uns liebt, dürfen wir unsere Sorgen, die Großen und die Kleinen auf Gott werfen.

    Wir dürfen nicht in unserer Überheblichkeit erwarten, dass Gott diese Sorgen postwendend löst.

    Aber wir dürfen gewiss sein, der er sie auf sich nimmt und mitträgt Unser Gott ist ein fürsorgender Gott. Er sorgt für uns.

     

    Und der Friede Gottes…….

     

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    EMail: Pfarrer Muthmann
    Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
    http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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