Predigt am 11. Sonntag nach Trinitatis; 27.08.2006, Galater 2,16 - 21
Liebe Gemeinde!
Lassen Sie sich nie was zu Schulden kommen? Lieben Sie Ordnung? Sind sie angepasst? Wenn ja, dann gehören Sie zu dem recht bedeutenden Kreis der Menschen, die es als unbedingt notwendig ansehen, dass wir nach Regeln leben. Dass es Gesetze gibt, die unser tägliches Zusammensein regeln. Und das nicht nur im privaten Bereich. Nein, natürlich gilt das für unseren ganzen Lebensbereich, in dem wir mit anderen Menschen zusammenkommen.
Und sie würden bestimmt die Aussage bejahen, Regeln und Gesetze sind unerlässlich, damit das Leben gelingen kann. Und wer sich nicht daran hält, der muss eben die Konsequenzen seines Regel- und Gesetzesbruch tragen.
Durch alle Zeiten gab es immer Menschen, die Probleme mit dieser Sicht hatten. Auch sie hielten sich natürlich an Grundgebote, wie nicht töten oder nicht stehlen. Aber viele Regeln Gesetze waren oft nicht zu durchschauen. Auch für den Apostel Paulus war das ein Problem, besonders als er sich in der Stadt Antiochia mit Petrus und anderen Freunden aus Jerusalem traf. Im Kern ging es um die Frage, ob auch die Heiden für den Glauben an Christus gewonnen werde sollen, und ob es nötig ist die alten Gesetze der Juden einzuhalten.. Hören wir, was Paulus darüber im Brief an die Gemeinden in Galatien, der heutigen Zentraltürkei da schreibt:
16 Aber wir wissen, dass kein Mensch deshalb vor Gott als gerecht bestehen kann, weil er das Gesetz befolgt. Nur die finden bei Gott Anerkennung, die in vertrauendem Glauben annehmen, was Gott durch Jesus Christus für uns getan hat. Deshalb haben auch wir unser Vertrauen auf Jesus Christus gesetzt, um durch das Vertrauen auf ihn bei Gott Anerkennung zu finden und nicht durch Erfüllung des Gesetzes; denn mit Taten, wie sie das Gesetz verlangt, kann kein Mensch vor Gott bestehen.
17 Auch wir als Juden suchen also durch Christus vor dem Urteil Gottes zu bestehen, und damit geben wir zu, dass wir genauso Sünder sind wie die Menschen der anderen Völker. Soll das heißen, dass es nicht mehr auf gut und böse ankommt und demnach Christus der Sünde Vorschub leistet? Auf keinen Fall!
18 Vielmehr mache ich mich selbst zum Sünder, nämlich zum Übertreter des Gesetzes, wenn ich durch mein Verhalten das Gesetz zuerst für ungültig erkläre und es dann doch wieder in Geltung setze.
19 Das Gesetz hat nichts mehr von mir zu fordern: Es hat mir den Tod gebracht, deshalb bin ich für das Gesetz tot und lebe jetzt für Gott. Weil ich aber mit Christus am Kreuz gestorben bin,
20 lebe in Wirklichkeit nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir. Das Leben, das ich jetzt noch in diesem vergänglichen Körper lebe, lebe ich im Vertrauen auf den Sohn Gottes, der mir seine Liebe erwiesen und sein Leben für mich gegeben hat.
21 Ich weise die Gnade Gottes nicht zurück. Wenn wir vor Gott damit bestehen könnten, dass wir das Gesetz erfüllen, dann wäre ja Christus vergeblich gestorben!
 
Liebe Gemeinde!
Worte aus alter Zeit, schwer zu verstehen, heute selten gedacht, aber dennoch von lebenswichtiger Bedeutung. Denn eine Frage stellt Paulus in den Mittelpunkt: Wie kann unser Leben gelingen? Wie finden wir unser Glück? Wie können wir unsere Chancen nutzen, die wir geschenkt bekommen haben?
Wir beschäftigen uns nicht jeden Tag mit diesen Fragen. Aber sie sind immer präsent, lassen sich in unseren Sätzen und Gesten wieder finden: „Wenn du was werden willst, musst du dich anstrengen! Und wie manche sich von uns anstrengen, um ihre Ziele zu erreichen. Wollen mit 30 schon ausgesorgt haben, bauen ihre Häuser, sobald nur der Ansatz von genug Geld da ist. Kaufen sich dicke Autos, machen Weltreisen, und versuchen andere, sogar die Freunde, so alt aussehen zu lassen.
Wie kann mein Leben gelingen? Eine uralte Frage, die die Menschen seit je beschäftigt. In der Bibel gibt es auch eine Anleitung zum Glücklichwerden. Zum Finden des gelingenden Lebens. Sie heißt das Gesetz: Es ist ein gutes Gesetz, es will uns Menschen helfen, unser Leben so zu leben, dass wir es nicht vergeuden, dass wir nicht blindlings gegen Mauern und Bäume rennen. Es will uns auch unsere Grenzen aufzeigen. Das, was wir nicht können. Das Gesetz will uns vor Irrtümern bewahren. Lebnensirrtümer, die unser Leben zerstören können und das vieler anderer Menschen auch. Es steht am Anfang der Bibel. Ist den Israeliten durch Mose von Gott geschenkt, bündelt aber in Wahrheit auch die Lebenserfahrungen von Generationen und erhebt Anspruch auf Allgemeingültigkeit.
Das Gesetz besteht in vielen Teilen aus Regeln, Spielregeln, die uns helfen wollen unseren Weg durchs Leben zu finden: Nicht Stehlen, nicht lügen, nicht töten, nicht pausenlos arbeiten… und andere mehr. Wir kennen viele dieser Regeln. Die 10 Geboten, Nächstenliebe. Und viele mehr. Aber durch das ganze Gesetz schwingt ein schöner Gedanke: Wenn du diese Regeln einhältst, dann wird dein Leben gelingen. Dann bist vor Gott gerecht und von ihm geliebt. Wenn du das nicht schaffts, dann misslingt dein Leben und du findest vor Gott keine Gnade.
Die antwort der Bibel des Alten Testamentes ist nicht die Antwort der heutigen Zeit: Die hatten wir schon: Gelungen ist dein Leben dann, wenn du es zu etwas gebracht hast. Wenn du genug Geld hast, um dir manchen Luxus leisten zu können. Du darfst deine Ellbogen auf deinem Erfolgsleben ruhig mal einsetzen. Aber pass auf! Wenn du zu viele aus dem Weg räumst, bis du am Ende selber dran. Keiner kann den Dreck seines Lebens komplett unter dem Teppich kehren. Wird erst mal ein bisschen Staub sichtbar, sind schnell die anderen da, die den ganzen Dreck deines leben ans Licht zerren.
Ich glaube, da wird jeder zustimmen: Gelingendes Leben führt jemand, der anerkannt, beliebt ist die Taschen gefüllt mit Geld, jemand aber auch der sich durchsetzen kann. Der es eben zu was im Leben gebracht hat. Wer neidische Blicke der anderen einfängt, der muss doch einfach ein gutes Leben führen.
Eine bohrende Frage stellt sich uns: Was muss ich tun, um dahin zu kommen!
Die Antwort ist einfach: Du musst es wollen. Du musst dein Leben diesen Zielen unterordnen. Du musst Leistung bringen. Du bist allein verantwortlich, für das, was du aus deinem Leben machst. Du allein kannst deinem Leben einen Sinn geben: Du bist deines Glückes Schmied.
Wer da nicht mithalten kann, wird gnadenlos abgehängt. Wer sich nicht anpasst, mit dem Strom schwimmt, der hat keine Chance mehr. Wird in Schubladen geworfen, die keiner mehr auf macht: Du bist zu schlecht qualifiziert. Du bist ein Quertreiber. Du bist zu alt. Du wirst nicht gebracht. Dein Leben wird nicht mehr gebraucht. Und der Umgang miteinander ist gefüllt von diesem Geist: Schlecht qualifizierte oder benachteiligte Jugendliche bekommen keine Chance zur Ausbildung. Menschen im besten Alter starren von morgens bis abends mit leeren Augen auf die Flimmerkiste, weil keiner mehr ihre beruflichen Fähigkeiten braucht. Alten Menschen wird nicht mehr der Respekt gezollt, den sie verdient haben. Wer keine Leistung mehr bringt, hat auch nichts im Lebensalltag der Erfolgreichen zu suchen.
Das Gesetz, von dem Paulus redet, dieses Gesetz ist zu oft missbraucht worden um damit Menschen in den Kategorien von Erfolgreiche und Gescheitert, von geliebt und verachten einzuteilen.
Paulus sieht die Gefahr, dass alle so weiter machen, wie bisher. Das dieses Gesetz der Juden wieder aufgerichtet wird, als allein selligmachender Weg zu Gott. Er sagt nicht: Das Gesetz ist schlecht. Es muss aufgehoben. Paulus sagt: Ob unser Leben gelingt – Vor Gott – vor den Menschen – vor uns selbst – da entscheidet nicht die sichtbare Leistungsbilanz, mein Haus, mein Auto, meine scheinbar weiße Weste. Das Gesetz ist nach wie vor hilfreich. Es kann uns helfen, ein gutes Leben zu führen. Doch ob unser Leben erfüllt ist, das hängt nicht mehr an unseren Leistungen. Es hängt vielmehr daran, dass ich Gottes Angebote annehmen kann. Dass ich seine Liebe und Güte in mein Leben dringen lasse. Dass ich zu lasse, dass Jesus Christus in mir wohnt, dass er mich verwandelt und vor Gott zu einem geliebten und angesehenen Menschen macht.
 Dass meint Paulus mit: Durch den Glauben an Jesus Christus bin ich Gott recht. Durch den Glauben an Jesus Christus weiß ich, dass ich ein angesehener Mensch bin - Gott hat mich freundlich angesehen Durch den Glauben an Jesus Christus weiß ich, dass ich ein wichtiger Mensch bin - denn Gott sagt zu mir: Du bist mir wertvoll und wichtig. Du bist mir so wichtig, dass ich mein Ein und Alles, meinen Sohn drangebe, damit ich dich für mich gewinne. Durch den Glauben an Jesus Christus weiß ich, dass ich gebraucht werde - denn Gott sagt zu mir: Du sollst in dieser Welt meinen Willen tun und dafür sorgen, dass es in deinem Umfeld mehr so zugeht, wie ich mir das denke. Dafür brauche ich dich!
Paulus hatte auch mal gedacht, dass Gesetz macht sein Leben glücklich. Doch ihm wurde durch Christus selbst ein anderer Weg aufgezeigt. Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen. Jesus selbst hat seine Augen geöffnet.
Paulus erkannte: Meine Leistungen sind immer unvollkommen. Ich bleibe immer jemanden, Gott und den Menschen was schuldig. Ich kann die Gebote Gottes nicht halten. Keiner kann das und so vor Gott gerecht werden. Wie ein Hamster im Rad können wir rennen und kommen doch nicht zum Ziel.
Und er erkannte: Ich muss mich gar nicht selbst gerecht und gut machen. Gott hat die Verhältnisse auf den Kopf gestellt. Er will nicht, dass ich erst bestimmte Standards erfülle, dass ich angepasst bin, dass  ich erfolgreich bin um von ihm geliebt zu werden.. Ich habe es mit einem Gott zu tun, der mich nicht erst liebt, wenn ich gut bin. Ich habe es mit einem Gott zu tun, der mich nicht erst akzeptiert, wenn ich bestimmte Standards erfüllt habe. Meine To – Do Liste bei Gott kann ruhig leer sein. Er hat die Verhältnisse auf den Kopf gestellt und bietet seine Liebe allen an, auch den Versagern, den Faulen, den Unangepassten. Liebe braucht keine Vorleistungen. Gottes Liebe ist geschenkt in Christus.
Er will nur eins: Wir sollen aufhören zu versuchen, seine Liebe zu verdienen, Wir brauchen unser Leben nicht auf eigene Faust vor ihm erfolgreich gestalten. Er will nur unseren Glauben an ihm, unser Vertrauen in seine Liebe, sein Ja zu uns anzunehmen – ohne Wenn und Aber wie er selbst es auch tut –
Darin liegt die Freiheit eines Christenmenschen, wie Luther sagt. Ich muss mir mein Leben und meine Anerkennung nicht mehr unter größtem Einsatz verdienen. Ich muss meine Existenz nicht mehr dadurch, rechtfertigen, dass ich pausenlos gut bin. Ich muss mich nicht mehr ständig um einen Sinn in meinem Leben bemühen. Gott schenkt mir diesen Sinn.
Wenn ich so Gott vertraue, werden befreit, von allen gesetzlichen Zwängen, die mir einreden: Nur wenn du Leistung bringst bist du gut vor den Menschen und vor Gott.
Gottes Liebe will mich verwandeln. Mein Leben verwandeln. In einem neuen Licht setzen. Vom Kopf auf die Füße stellen. Ich weiß, dass ich nicht Gottes verdienen muss. Ich muss nicht wie Jesus selbst werden. Ich kann mich aber darum mühen, Jesus nachzufolgen, seine Güte in meinem Leben widerspiegeln lassen. Ich brauch mich den Menschen anpassen, aber der Liebe Gottes in Christus. Erfüllt von dieser Liebe bin ich von Gott reich beschenkt und entdecke:
Mein Leben wird reich, erfüllt, es hat seinen Sinn. Es gelingt, weil Christus mit mir seinen Weg geht. Möge er mit uns allen gehen.Amen.
Und der Friede….

 

Pfarrer Jürgen Muthmann

Email: JMuthmann@t-online.de
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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