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Gnade sei mit Euch
und Friede von Gott, unserem Vater und von Jesus Christus, seinem Sohn,
unseren Herrn!
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Liebe Gemeinde! Römer
12, 1-3 (4-8)
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1
Ich ermahne euch nun, liebe Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass
ihr eure Leiber hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott
wohlgefällig ist. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst.
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2
Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch
Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist,
nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.
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3
Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass
niemand mehr von sich halte, als sich's gebührt zu halten, sondern dass
er maßvoll von sich halte, ein jeder, wie Gott das Maß des Glaubens
ausgeteilt hat.
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4
Denn wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder
dieselbe Aufgabe haben,
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5
so sind wir viele ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des
andern Glied,
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6
und haben verschiedene Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. Ist
jemand prophetische Rede gegeben, so übe er sie dem Glauben gemäß.
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7
Ist jemand ein Amt gegeben, so diene er. Ist jemand Lehre gegeben, so
lehre er.
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8
Ist jemand Ermahnung gegeben, so ermahne er. Gibt jemand, so gebe er mit
lauterem Sinn. Steht jemand der Gemeinde vor, so sei er sorgfältig. Übt
jemand Barmherzigkeit, so tue er's gern.
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Liebe Gemeinde!
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Viele Worte, die der
Paulus da macht. Halten sie mal kurz inne, an welche Worte erinnern sie
sich. Worte, die ich vor ein paar Sekunden vorgelesen habe. Welche sind
ihnen im Gedächtnis geblieben. Bei welchen haben sie gestutzt? Vielleicht
eins der folgenden:
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Ich ermahne euch nun
liebe Schwestern und Brüdern…..
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Gebt eure Leiber als
Opfer hin…
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Das sei für euch der
vernünftige Gottesdienst……….
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Das jeder maßvoll ist
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Wir haben viele
verschiedene Gaben…..
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Vielleicht war es
eins dieser Worte oder das Bild vom menschlichen Körper, mit dem Paulus
hier wie im 1. Korintherbrief, die Gaben der Gemeindeglieder beschreibt.
Bei mir blieb diesmal ein noch nicht genanntes Wort hängen und ich möchte
sie einladen unter dessen Aspekt den Predigttext zu betrachten. Das Wort
heißt: Passt euch nicht den Maßstäben der Welt an!.....
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Stellt euch nicht der
Welt gleich – ein wenig ist es ja so in diesen Tagen. Ohne es zu merken,
passen wir uns wieder der Welt an. Der Heilige Abend ist schon 2 ½ Wochen
her. Viele haben ihre Weihnachtsbäume schon entsorgt. Die Straßen sind
voll davon. Auch unser Baum hier wird in der nächsten Woche abgeschmückt
und geht den Weg aller anderen Bäume. Viele haben die Weihnachtsbotschaft
schon aus dem Sinn verloren. Was war da noch mit dem Kind in der Krippe…..
Der weihnachtliche Glanz weicht allmählich wieder dem tristen Grau des
Alltags. Und der Regen tut sein übriges dazu.
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Stellt euch nicht der
Welt gleich. Eigentlich tat das ja genau Gott. Wir beginnen es schon
wieder ui vergessen. Er wurde Mensch wie wir. Wurde verletzlich,
fehlerhaft, liebte und stritt sich, trauerte und freute sich in Jesus
seinem Sohn. Auch als Erwachsener vollzog Jesus diese Gleichstellung. Er
ließ sich von Johannes im Jordan taufen. Ging wie die vielen Menschen
durch das Bad der Buße im Fluss Jordan. Gott stellte sich der Welt gleich!
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Stellt euch nicht der
Welt gleich! Paulus ist manchmal wunderbar inkonsequent und
widersprüchlich. Mir fallen die Worte aus dem Galaterbrief ein, wo er
schreibt: Den Juden bin ich ein Jude, den Griechen ein Grieche, oder im
Korintherbrief: denen ohne Gottes Gesetz ein gesetzloser, den Schwachen
ein Schwacher geworden. Paulus stellt sich also durch aus der Welt gleich.
Frage ist, wo liegt der feine Unterschied?
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(Denn was will die Welt von uns lernen,
was können wir für die Welt tun, wenn wir uns ihr nicht gleichstellen?
Wenn die Welt uns nicht versteht? Wenn wir der Welt nicht auf gleicher
Augenhöhe begegnen?)
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Die Übersetzung aus
der guten Nachricht kann uns hier weiter helfen. Denn diese nimmt die
eigentlichen Gedanken des Paulus auf. In der Guten Nachricht heißt es an
dieser Stell: Passt euch nicht den Maßstäben dieser Welt an! Das klingt
schon anders. Was aber sind die Maßstäbe der Welt? Besonders gut können
sie ja nicht sein, wenn Paulus sie ablehnt. Im Duden steht aber folgendes
über den Maßstab. Er ist richtig erstmal eine Art Lineal oder Stab zum
Messen. Dann beschriebt er das Verhältnis zwischen Größen, wie es zum
Beispiel auf einer Landkarte er Fall ist. Schließlich meint der Maßstab
aber eine vorbildhafte Norm, nach der das Handeln und die Leistung eines
Menschen beurteilt wird.
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Nun, da heißt es
genau aufpassen. Denn die Maßstäbe dieser Welt sind nicht unbedingt
schlecht. Denn vorbildhaftes Verhalten gibt es genug. Dazu muss man nicht
erst Christ sein. Toleranz, soziales Engagement, helfende Hände, Respekt
vor dem anderen, das Achten der Würde des Menschen, und andere mehr, das
sind durchaus Normen, die auch uns Christen gut zu Gesichte stehen. Aber
es gibt auch andere Normen, die nicht gerade vorbildhaft sind, die sich
aber inzwischen zum normalen Verhalten in der Gesellschaft heraus
gebildet. Der Egoismus ist groß, viele denken zunächst nur an sich, und
dann eventuell an andere. Den Politikern wird dieses ja insbesondere
vorgeworfen. Die Europaabgeordneten haben sich ihre Diäten erhöht. Auf ca.
9.000 €uro in der nächsten Zeit. Auch in unserem Land wird das immer als
Zeichen von Maßlosigkeit gesehen. Doch sollte man da genauer hinsehen. Den
Mitarbeitern der Commerzbank werden die Betriebsrenten gekürzt. Der
Vorstand denkt nicht daran, es ihnen gleich zu tun. Beispiele aus der
aktuellen Politik.
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Doch auch das Klima
zwischen uns Menschen scheint oftmals kälter geworden zu sein. Nur wer
Leistung bringt setzt sich durch. Auf der anderen Seite versuchen viele an
der Gemeinschaft vorbei ihren Vorteil zu suchen. Wer schwarzarbeitet, auch
die Diskussion um die „Putzfrauen“ gehört hierhin, der handelt ja
mittlerweile nach schon fast legitimen Maßstäben. Wer seinen Vorteil um
jeden Preis sucht, wird anscheinend auch noch belohnt. Der Slogan „Geiz
ist geil“ oder neuerdings „Geizen ohne Gnade“ beschreibt diesen Maßstab
ziemlich gut.
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Ich glaube, darum
geht es dem Paulus hier, wenn er sagt: Stellt euch nicht der Welt gleich.
Wir können auf der einen Seite nicht zu Christus bekennen und auf der
anderen so tun, als stehen wir mit beiden Füßen noch in dem Sumpf dieser
Welt.
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Ein Christ muss sich
ständig selbst prüfen. Er muss sich ständig fragen, was Gottes Wille ist,
an dem Ort, wo er gerade steht und handelt. Er muss bereit sein, sich von
Gott erneuern zu lassen, wie Paulus es hier beschreibt. Aber wir dürfen
auch Fragen stellen. Zu unserem Christsein, gerade dem evangelischen auch
das Zweifeln gehört. Aber hätte Luther nicht an seiner Kirche gezweifelt,
gäbe es unsere Gemeinden nicht, hätte Jesus nicht die gelebte Form des
jüdische Glaubens gezweifelt, gäbe es die Kirche nicht. Der Zweifel an uns
selbst, an der Welt, in der wir Leben hat nichts mit christlicher
Miesmacherei zu tun. Der Zweifel an den bestehenden Verhältnissen ist eine
grundlegende Eigenschaft des Christen: Paulus formuliert es positiv:
Prüfet, was Gottes Wille ist. Wir Christen müssen also in jeder Situation
nach Gottes Willen fragen, nach dem was nach den Worten Gottes jetzt
angesagt ist. Das bringt mit sich das ein Christ ein unbequemer Partner
ist, eben ein Protestant. Es hat nichts mit ständigem Kritisieren zu tun,
wenn wir die bestehende Dinge in Frage stellen. Im Gegenteil, es ist die
Suche nach Gottes Willen. Die Frage: Was würde Gott jetzt tun? Was
erwartet er von mir?
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Und da ist im Text
die Rede vom vernünftigem Gottesdienst. Und das wir Gott unsere Leiber
Gott als wohlgefälliges Opfer hingeben. Da geht es nicht um Menschenopfer,
das heißt, unserem Gott in unserem Leben Geltung zu verschaffen. Denn wir
alle gehören zu Gott. Mit Haut und Haaren. Seit unserer Taufe. Und das
Folgen für unser Leben. Das kann eigentlich nicht mehr vor sich
hindümpeln, wenn wir darum wissen. Und das meint Paulus auch mit diesen
Worten. Denn wer den vernünftigen Gottesdienst hält, der stellt sich eben
nicht der Welt gleich.
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Stellt
euch der Welt gleich! Diese Worte des Paulus sind da wie ein Stachel. Ein
Christ sollte nicht wie Schafe der Herde blöken. Der Einzelne ist vor Gott
verantwortlich. Es gibt keinen christlichen Fraktionszwang, aber die aus
Glauben begründete freie Entscheidung vor Gott.
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Stellt euch nicht der
Welt gleich! So verstanden geht von dieser etwas Befreiendes aus. Denn mit
dieser Haltung verbindet sich gleichzeitig Respekt und Toleranz vor dem
Andersdenkenden. Unser Glaube und Gewissen dürfen nicht gleichgeschaltet
sein. Christen müssen offen und ehrlich ihre Meinung sagen, mal gegen den
Strom schwimmen, gerade wenn es um das Recht des Schwachen geht. Auch im
politischen Bereich.
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Übrigens, das
griechische Wort für ermahnen, kann auch trösten und ermuntern heißen.
Also liebe Gemeinde: Zum Schluss: Ich ermahne Euch! Aber ich ermahne mich
gleich mit! Stellt euch nicht der Welt gleich! Habt Mut dazu!
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Ich ermahne euch den
Mut zum Zweifel zu haben und wenn es sein muss ein unbequemer Partner zu
sein. Ich bin es ja manchmal auch. Weil ich eben meinen Mund nicht halten
kann. Sicher ist Form der Kritik wichtig. Es geht nicht darum, andere zu
verletzen, sondern gemeinsam das Gute suchen und zu finden.
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Stellt euch nicht der
Welt gleich! Kommt aus dem alten Trott heraus. Verlasst euren Teufelskreis
der Anpassung. Die Botschaft des Evangeliums von Jesus Christus will uns
ermuntern, mit größerer Leidenschaft, Intensität, Liebe und Freude zu
leben.
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Also, liebe Gemeinde,
ich ermuntere euch! Stellt euch nicht der Welt gleich. Verändert immer
wieder euer Leben von Grund auf. Prüft immer wieder, was Gottes Wille ist.
Dann wird unter lebendig was Gott gefällt. Das Gute und Wohlgefällige und
Vollkommene. Dann haltet ihr einen gottgefälligen, vernünftigen
Gottesdienst.
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Und der Friede
Gottes....