Predigt über Kolosser 4, 2-5 am 28.5.2000

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater und von Jesus Christus, seinem Sohn, unserem Herrn!

Liebe Gemeinde!

Heute ist der Sonntag Rogate. Betet ! Und die Predigt soll ums Beten gehen. Das Gespräch mit Gott. Dem Innehalten inmitten des Tages. Sich bewusst werden, dass man nicht alles aus sich heraus schaffen kann. Das man noch auf jemand angewiesen ist, der diesseits und jenseits, der vor und nach, der unter und über unserer Existenz ist.

Beten - Wir beten - Lasset uns beten. Beten wir? Beten wir mit oder lassen wir beten? Ich lese den für heute vorgeschlagenen Predigttext aus dem Kolosserbrief, Kapitel 4, die Verse 2 - 5:

„Seid beharrlich im Gebet, und wacht in ihm mit Danken!

Betet zugleich auch für uns, damit Gott uns eine Tür für das Wort auftue und wir das Geheimnis Christi sagen können. um dessentwillen ich auch in Fesseln bin, damit ich es offenbar mache, wie ich es sagen muss.

Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind, und kauft die Zeit aus.

Eure Rede sei allezeit freundlich und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr einem jeden antworten sollt."

Die Aufforderung des Paulus ist verräterisch. Scheinbar nahm es die Gemeinde in Kolossae nicht ganz so ernst mit dem Beten, so wie Paulus es wünschte. Oder will er sie nur ermuntern, dass sie nicht nachlassen im Gebet?

Seid beharrlich im Gebet!.............Ich glaube, ich sage hier nichts Ungewöhnliches, wenn ich sage, vielen von uns fehlt es an der Beharrlichkeit, die Paulus sich wünscht. Des Morgens zu danken für den Beginn eines neuen Tages. Des Abends bitten für die Nacht. Am Mittag zu Tische beten, oder sich Ruhezeiten im Laufe des Tages nehmen, wo wir beten. Das tun nur wenige von uns in Gesamtheit. Und auch ich, selbst als Pfarrer muss zugeben, dass mir manchmal an dieser Beharrlichkeit fehlt.

Seid beharrlich im Gebet.....Dabei kann diese Beharrlichkeit ein Segen sein, eine beständige Kraftquelle, die immer anzapfbar ist. Der Moment der Ruhe, der Besinnung inmitten der Hektik des Tages, des Zwiegespräches mit Gott.

Beten ist immer eine sehr persönliche Angelegenheit. In unseren Gottesdiensten wird nur selten frei gebetet. Die Freie Evangelische Gemeinde auf der Eschenstraße oder die Gemeinde der Christen Ecclesia auf der Fuchsstraße kennen es nicht anders. Doch bei uns lassen wir beten und beten in der Stille mit.

Zuhause im stillen Kämmerlein, da sagen wir unseren Gott, was uns auf dem Herzen liegt, und manchmal auch unsere Meinung, wenn wir uns trauen.

Beten ist ein sehr intimes Ereignis. Beten bedeutet Nähe. Verletzbare Nähe. Beten heißt Wunden spüren und Klagen hinausschreien. Selten sind wir unserem Gott näher als im Gebet, doch oft genug tragen wir auch die Zweifel in uns, ob er uns denn überhaupt hört, geschweige denn erhört.

Beten ist Befreiung. Befreiung von den Sorgen, die uns quälen, Befreiung von mancher Last, die auf uns liegt. Befreiung von den Zwängen dieses Lebens und manchmal sogar von den Ängsten, die uns beschleichen, wenn wir alleine sind.

Beten ist eine Grenzerfahrung. Wer betet, weiß um seine Grenzen. Weiß darum, dass er Hilfe braucht, Hilfe die die eigenen Möglichkeiten übersteigt. Der Beter kennt seine Grenzen und er kennt den, der sie überwinden kann.

Beten ist Hoffnung. Denn wer betet hat Hoffnung. Hoffnung auf Rettung: Vor Krankheit und Tod; vor Ungerechtigkeit und Gewalt. vor den Vergessenwerden. Beter hoffen auf das Leben, auf Frieden, auf ein Ende aller Ungerechtigkeit.

Darum seid beharrlich im Gebet....

Doch manchmal haben die Beter Probleme mit dem Beten. Besonders dann, wenn sie warten müssen. Warten auf die Erfüllung ihrer Gebete. Manche Beter sind ziemlich ungeduldig. Mit sich selbst. Aber vor allem mit Gott. Wenn er so nicht will, wie sie es wollen.

Mandje, mandje timpe te, Buttje, Buttje in de See. Meene Fru, die Isebel will nicht so wie ick es will. Und da kam der Butt geschwommen und fragt den Fischer: Watt willse denn jetzt schon wieder. Sagt der Fischer: Die will seen wie der liebe Gott. Sagt der Butt: Geh nach huus. Sie sitzt se wieder innem Pisspott.

Viele von ihnen kennen bestimmt dieses Märchen vom Fischer und seine Frau, die den Hals nicht voll bekommt, die mit nichts zufrieden ist, weder mit Haus, noch Reichtum, noch dem Königsthron, oder das sie Papst wird. Sie will wie Gott werden und alles ist zerronnen.

Manche Beter wünschen sich so ihren Gott. Der immer schön ihre Gebete erfüllt. Der ihnen gehorsam ist. Der quasi auf Bestellung ihre Gebete in die Tat umsetzt. Zum Glück ist unser Gott aber kein Selbstbedienungsautomat, der Gebetserfüllung garantiert. Der uns zu willen ist, wenn wir ihm nur richtig „auf die Nerven" gehen. Manche wenden sich deshalb von Gott ab. Eben weil er nicht so tat, wie sie es wünschen. Trotzreaktion nennt man so etwas. Kleine Kinder sind trotzig. Manche Erwachsene auch. Aber Gott gegenüber trotzig zu sein, das bringt nichts. Es ist schon etwas daran, das wir selbst was dazu beisteuern müssen, das unsere Gebete erhört werden. Martin Luther King hat diesen Sachverhalt mal so ausgedrückt: Kein Problem der Welt wird gelöst, wenn wir träge darauf warten, dass Gott sich alleine darum kümmert. Wenn wir nicht selber willens sind, das sich unsere Gebete erfüllen, wenn wir selber nichts dafür tun, dann warten wir vielleicht umsonst.

Halt! mögen da einige sagen. Wenn's um gute Noten in der Schule geht, eine tolle Klassenarbeit, Lieblingsbitte vieler Schüler, wenn's um Erfolg im Beruf geht, dann sehen wir ein, dass man dafür was tun muss, aber was ist mit den Traurigen, den Kranken, all dem Unglück in der Welt?

Auch da kann ich sagen: Gott hilft oft auf Weisen, die wir nicht erwarten. Es gibt diese Heilungen in schwerer Krankheit, die eintreten, als darum gebetet wurde. Es gibt aber auch den Tod, der kam. Aber vielleicht war es gnädiger Abschied, einer in dem ein neuer Anfang lag, vielleicht wuchs die Gewissheit auf ein Leben nach dem Tod, auf ein Wiedersehen.

Beten ist keine Pflichterfüllung für uns Christen, aber im Gebet sind wir ständig mit Gott verbunden. Das brauchen wir. Sozusagen immer mit Gott Online zu sein, einen heißen Draht nach oben zu haben. Wir brauchen diese Verbindung im Gebet für unser Leben. Manchmal fehlen uns die richtigen Worte. Es kommt nur Gestammel über unsere Lippen. Aber wer betet, horcht auch in sich hinein. Und vielleicht vernehmen wir dann in uns in all der Stille um uns herum Gottes Stimme.

Das Gebet ist notwendig: Für unser Leben, für unsere Gemeinde, für die Christen in aller Welt, für die Welt. Paulus wusste das, deshalb bat er die Kolosser für seine Arbeit zu beten.

Am Ende unseres Predigttextes steht ein interessantes Wort: Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind und kauft die Zeit aus. Eure Rede sei mit Salz gewürzt. Ich denke, das kann eine gute Konsequenz unseres Gebetes sein. Unsere Gebete dürfen sich nicht nur mit uns selbst beschäftigen. Es kann uns motivieren und Kraft geben, denen freundlich zu begegnen, die sich nicht zur Gemeinde Christi rechnen. Da können wir mit Freundlichkeit, Heiterkeit und Ehrlichkeit mehr erreichen, als mit rechthaberischen Worten über unseren Gott.

Salz, das wissen wir, hat würzende und konservierende Eigenschaften. Wenn wir beten, können wir Salz werden für diese Welt, kann wahr werden, was Jesus uns zusprach: Ihr seid das Salz der Erde. Gebete sind wie Salz in unserem Christenleben. Sie würzen es, sie bewahren es aber auch, Gebete machen unseren Glauben haltbar.

Seid beharrlich im Gebet....so haben wir angefangen. Bleibt zum Schluss nur zu sagen. Beharrlichkeit im Beten lohnt. Es lohnt sich mal Zeit zu nehmen, fürs Gebet. Gott wartet auf unsere Gebete. Er freut sich über sie, über die großen, aber vielleicht noch mehr über die kleinen, die gestammelten Gebete.

Und der Friede Gottes der höher ist als unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

 
Pfarrer Jürgen Muthmann Email: JMuthmann@t-online.de
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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