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Kanzelgruß
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Liebe Gemeinde,
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heute geht es
um Die Frage: Herr, lehre uns beten, Also wie geht das mit dem
Beten. Unter dieser Überschrift ist der heutige Predigttext zu
hören. Genau davor steht bei Lukas das Vater unser. Ich lese Ihnen
den vorgeschlagenen Predigttext aus dem Lukasevangelium, Kapitel 11
vor. Danach lasse ich Sie einen Moment mit Ihren Gedanken allein…
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Und er sprach zu ihnen: Wenn
jemand unter euch einen Freund hat und ginge zu ihm um Mitternacht
und spräche zu ihm: Lieber Freund, leih mir drei Brote;
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6 denn mein Freund ist zu mir
gekommen auf der Reise, und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen
kann,
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7 und der drinnen würde antworten
und sprechen: Mach mir keine Unruhe! Die Tür ist schon
zugeschlossen, und meine Kinder und ich liegen schon zu Bett; ich
kann nicht aufstehen und dir etwas geben.
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8 Ich sage euch: Und wenn er schon
nicht aufsteht und ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, dann
wird er doch wegen seines unverschämten Drängens aufstehen und ihm
geben, soviel er bedarf.
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9 Und ich sage euch auch: Bittet,
so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so
wird euch aufgetan.
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10 Denn wer da bittet, der
empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem
wird aufgetan.
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11 Wo ist unter euch ein Vater,
der seinem Sohn, wenn der ihn um einen Fisch bittet, eine Schlange
für den Fisch biete?
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12 oder der ihm, wenn er um ein Ei
bittet, einen Skorpion dafür biete?
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13 Wenn nun ihr, die ihr böse
seid, euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird der
Vater im Himmel den heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!
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Liebe Gemeinde!
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Es geht ums
Beten! Die Art und Weise, wie wir Beten. Die Art und Weise, wie wir
zu Gott beten sollen. Doch zuvor, was hat es mit dem Freund auf
sich. Ich glaube, dass wir in unserer Überfluß Situationen wie die
beschriebene kaum noch erleben werden. Zumindest nicht, dass jemand
um Mitternacht vor unserer Tür steht und um drei Brote, um Zucker,
um Milch oder sonst was bittet.
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Im alten Israel
war diese Situation durchaus denkbar. 3 Brote entsprachen der
üblichen Tagesmenge, die man aß. Läden gab es nicht in der damaligen
Zeit, schon gar nicht irgendwelche Tankports, in denen man rund man
die Uhr alles bekommen kann. Das Brot wird von der Hausfrau
gebacken. In einem Dorf weiß man noch, wer abends noch Brot hat. Wer
immer ein bisschen mehr gebacken hat. Es war auch völlig normal, um
Brot zu bitten, wenn Not am Mann ist. Und es wurde in der
Dorfgemeinschaft, in der man auf gegenseitige Hilfe angewiesen ist,
natürlich auch geholfen. Man gibt und bekommt zurück.
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Die
Unwilligkeit des Gebetenen resultiert aus der Lebenssituation der
damaligen Zeit. Zumeist lebte die Familie in einem Raum. Die Öllampe
muss angezündet und wenn der Riegel von der Tür geschoben, machte
das schon einen Lärm, der das halbe Dorf aufwecken konnte. Doch das
alles zählt nicht. Helfen galt es selbstverständlich, um eben nicht
blamiert dazustehen. Die älteren unter ihnen können diese Situation
wohl nachspüren, wenn sie an die Ereignisse nach dem Krieg denken.
Vieles war damals ähnlich.
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Aber stellen
wir uns doch mal vor, da würde nachts einer an unserer Tür klopfen
oder schellen. Ein Freund ein Nachbar. „Was willst du?“ fragen wir
zurück. „Ich habe überraschend Besuch bekommen. Ein alter Freund,
den ich lange nicht gesehen habe ist gekommen. Er ist hungrig. Und
ich habe nichts zu Hause. Morgen wollte ich einkaufen gehen!“ Würden
Sie öffnen, der Bitte entsprechen? Ich denke, die meisten würden das
tun, gerade wenn wir den vor der Tür kennen. Irgendwas hat jeder von
uns zu Hause, was er abgeben kann.
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Ein bisschen
ist unser Verhalten, dann schon die Umsetzung des Wortes: Bittet, so
wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird
euch aufgetan.
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Doch letztlich
geht es hier um das Beten. Die Bilder sind einfach zu deuten. Der
gebetene Freund ist Gott, der Bittende sind wir. Soweit, so gut.
Doch was das mit dem Beten zu tun?
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Wie beten wir
denn eigentlich? Mancher faltet die Hände. Wir schließen die Augen
oder auch nicht. Wir sprechen unseren Gott mit „Vater“ oder
vielleicht auch "Herr" an. Dann sagen wir ihm, was uns auf der Seele
liegt. Die Sorgen, die Wünsche. Bitten für unsere Lieben, meist die
Kranken und manchmal, aber viel zu selten danken wir ihm auch für
alle guten Gaben seiner Liebe, die er uns geschenkt hat. Unser Gebet
beenden wir mit einem „Amen“.
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So beten wir!
Doch wenn dieses Gleichnis Jesu bedenken: Haben Sie Gott schon mal
im Gebet bedrängt. Sind sie ihm sprichwörtlich auf die Nerven
gefallen? Haben sie nicht locker gelassen? Oder gar Gott
Konsequenzen angedroht, wenn er sich ihrer Bitten nicht annimmt?
Abgesehen, welche Konsequenzen können wir ihm schon androhen, außer
unseren Glauben an ihm in Frage zu stellen?
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Jesus empfiehlt
uns jedenfalls, nicht locker zu lassen. Auch in der unmöglichsten
Situation, zur ungewöhnlichsten Zeit dürfen wir uns an ihn wenden.
Und zu ihm kommen, wie zu einem Freund. Gute Freunde haben eine
große Toleranzgrenze. Sie hören sich viel mehr an, als Fremde. So
will Jesus, dass wir beten. Freunde heulen wir schon mal die Ohren
voll, Freunden erzählen wir Dinge, die sonst lieber für uns
behalten, von Freunden erwarten wir aber auch, dass sie antworten
oder sind einfach nur da. Sie tun was nötig ist.
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Wie kann das in
unserem Alltag aussehen? Es reicht nicht, gott ein Anliegen nur
einmal zu sagen, und dann abzuwarten, was passiert. Immer und immer
wieder müssen wir es Gott Sagen, bis seine Ohren richtig heiß davon
werden wie Melanchthon schon gesagt hat. Erst in den letzten Tagen
habe ich es wieder erlebt, wie eine Tochter darum gebeten hat, dass
ihre Mutter endlich von ihrer Krankheit erlöst wird. Immer und immer
wieder hat sie gebeten. Gedrängelt, bis schließlich ihr Wunsch in
Erfüllung ging und ihre Mutter friedlich einschlief.
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Oder am
heutigen Tag der Arbeit auch passend. Eine Mutter hat darum gebetet,
dass ihr Sohn endlich wieder eine Arbeit findet. Nicht weil es
finanziell unbedingt notwendig war. Sondern weil der junge Mann
langsam vor die Hunde ging. Körperlich wie geistig. Dutzende von
Bewerbungen hatte er schon geschrieben. Immer wieder erfolglos. Und
das konnte sich die Mutter nicht angucken. Sie betete zu Gott, immer
wieder in der Hoffnung auf eine Lösung.
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Nicht immer
erfüllt Gott die Wünsche so, wie wir es erhoffen. Manchmal ist es
ganz anders.
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Liebe Gemeinde,
so ist das bei Gott: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so
werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan, manchmal
müssen wir eben lauter anklopfen, nicht aufhören mit dem Klopfen,
oder was wir als Kinder vielleicht mal gemacht haben, den
Klingelknopf mit einer Art Kaugummi festkleben, damit es Gott lange
und laut in den Ohren klingelt.
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Dieser Hinweis
Jesu beharrlich, sogar unverschämt zu beten, das wir das sollen und
dürfen. Dieser Hinweis ist viel zu wichtig, als dass wir ihn
überhören und unbeachtet lassen.
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Ich möchte
ihnen Mut machen: Lasst uns Gott im Gebet immer wieder unsere Bitten
vortragen! Lasst uns seine Hilfe beharrlich suchen. Lasst uns nicht
aufgeben, wenn wir meinen, wir hätten doch schon genug an seine Tür
geklopft!
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Gott ist unser
„Vater“. Er ist unser Freund. Wir sind Gottes Kinder. Und als
solche sollten wir wissen, dass wir manchmal quengeln müssen, um
etwas zu erreichen. Wer hat seine Eltern nicht mal solange gebeten
bebettelt, bis er endlich seinen Willen bekam. Manchmal mussten wir
eben nachhelfen, damit sie uns hören.
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Auch der
Hinweis darauf, dass wir es schlecht finden, wenn sie uns nicht
geben, was wir haben wollen ist manchmal nötig gewesen. Auf jeden
Fall müssen wir deutlich machen, wie wichtig unser Anliegen ist. Zur
Not auch mit Drängeln und Klagen! Wenn Gott unser Vater und Freund
ist, dann hört er unsere Gebete. DA ist es nur recht, wenn wir
manchmal ein wenig unverschämt nachhelfen!
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Und der Friede
Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, schenke uns neue
Lebenskraft und Phantasie, dort wo wir in Jesu Nachfolge leben. Amen