Predigt über 1. Korinther 10, 23+24 am Sonntag Laetare; 25. März 2001 

(Hinweis: Der vorgeschlagene Predigttext Joh. 6, 47 - 52 erschien mir nur mit Abendmahlsfeier predikabel.)

Gnade sei mit euch von dem, der da war, der da ist und der da kommt, dem Vater dem Sohn und dem Heiligen Geist!

Liebe Gemeinde!

Ich bin so frei (R1, Zigaretten) - Nichts ist unmöglich (Toyota) - Alles ist erlaubt - .....ist einfach gut (McDonald´s) - Probier was neues (Coca Cola) - Plötzlich ist alles anders (Die neue Mercedes C- Klasse) - Heute ein König (Pils) Ein paar aktuelle Werbesprüche. Es gibt noch viel mehr davon. Schlagworte. Einprägsam. Akustische Logos, wie die Fachleute sagen.

Nur - eins dieser Worte ist kein Werbespruch. Haben sie es erkannt. Ich lese es nochmals vor:::::

........ Auch wenn sie es nicht glauben: Alles ist erlaubt - das steht in der Bibel. Alles ist erlaubt - toll werden da einige sagen, das habe ich mir schon immer gewünscht. Alles ist erlaubt, das klingt nach unbegrenzter Freiheit, nach tun und Lassen, was ich will.

Natürlich hat die Sache einen Haken. Schließlich ist es ja ein biblischer Satz. Und dazu noch vom Apostel Paulus. Der steht ja nicht gerade in dem Ruf, ein freiherziger Mensch gewesen zusein. Oft genug hat er hier und da Ausschweifungen aller Art angeprangert. Alles ist erlaubt, so ein Satz würden wir ihm nicht zutrauen.. Es kommt wie immer auf den Zusammenhang an.

1. Korintherbrief, 10, 23-26:

23 Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf. [a]

24 Niemand suche das Seine, sondern was dem andern dient. [a]

Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Da haben wir schon den Haken, oder? Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf! Baut was denn auf!

Nehmen wir mal die Sprache der heutigen Zeit, vielleicht werden die Worte dann klarer.

Also: Alles ist erlaubt - Ich darf alles - Du darfst alles - wir dürfen alles. Das mag ja sein, aber: deshalb ist nicht alles auch schon gut. Was man darf ist nicht automatisch o.k.

Alles ist erlaubt - aber nicht alles fördert die Gemeinde, das Zusammenleben, die Gesellschaft gar.

Also, der erste Zahn ist gezogen. Mit: Alles ist erlaubt - das war nichts. Ehrlich gesagt, hätten wir auch nicht geglaubt. Dafür war Paulus viel zu sittenstreng.

Klar sagen wir, wenn jeder machen könnte, was er wollte, das geht einfach nicht, das wäre doch Chaos pur. Wenn jeder dem anderen auf der Nase herumtanzen würde. Keiner würde sich das gefallen lassen. Also - Alles ist erlaubt - da müssen wir Einschränkungen machen. Die macht Paulus auch.

Eine kluge Einschränkung: Alles ist erlaubt - wenn es zum Guten dient, wenn es o.k ist. Zum Guten dienen, was kann das heißen? Wir müssen diesen Satz zusammen mit dem Zweiten nehmen. Es muss zum Guten dienen, und das tut es, wenn es der Gemeinde nützt. Was Gut ist, nützt also anderen. Wenn es am Besten allen nützt. Wenn es der Gemeinschaft nützt. Der Umkehrschluss lautet, was der Gemeinde nicht nützt, im Gegenteil, ihr sogar schadet, das ist nicht erlaubt. Das meint Paulus also. Die Beispiele sind Legion. Und ich will sie mir an dieser Stelle auch verkneifen. Soweit so gut. Dennoch es gibt ja Dinge, die kann ich für mich tun und die sind noch lange nicht schlecht für die Gemeinde. Wenn ich mir mal Zeit für mich nehme, Urlaub mache oder ähnliches.

Dazu sagt Paulus auch was und zwar recht konkret: Niemand suche das Seine, sondern was dem anderen dient. Ihr sollt nicht an euch selbst denken, sondern an die anderen.

Egoismus war anscheinend nicht die Sache des Paulus. Etwas übertrieben finde ich es schon, wie er es sagt: Ihr sollt nicht an euch denken. Ich soll nicht an mich denken. Das ist die christliche Demutsfalle. Immer schön für andere da sein, nur nicht für mich. Selbstaufgabe, leben für andere, das fällt mir bei diesen Worten ein. Kein „Ich bin so frei" sondern „Ich bin un - frei". Irgendwann muss man doch mal an sich denken, sich was gönnen, mal Spaß haben. Nicht immer nur die anderen. An die sollen wir denken. Anscheinend auch noch zuerst. Wenn ich Paulus so verstehe, wie es im ersten Moment scheint. Nicht attraktiv in der heutigen Zeit. Den meisten Konfis fern wie die Sterne an Himmel. Leute in meinem Alter haben oft keine Zeit, für andere da zu sein, aus welchen Gründen auch immer. Und die Lektion, die uns unsere Mediengesellschaft erteilt lautete anders: Ich zuerst, und dann ..... Irgendwann einmal. .... Die anderen. Die eine oder andere Wohltätigkeitsveranstaltung im Fernseher tut dem Gewissen gut. Mal eben 20 DM überweisen. Demnächst kann man das von Handy ausmachen. Und sich bequem in den Sessel zurücklehnen.

Wenn wir solche Worte, wie die des Paulus hören, dann ist die Sache mit dem christlichen Glauben ist doch recht schwer. Glauben heißt anscheinend nicht nur glauben. Und Glaube klingt bei Paulus hier recht moralisch.

Die Werbesprüche zu Anfang, damit hat Glaube nicht viel zu tun. Die wollen, das man ihren Versprechen blind glaubt. Ohne nachzudenken. Das die Worte schon den Griff zum Portemaneie auslösen. Werbung zielt auf Reflexe. Kaufreflexe. Auf Kontrolle. Immer nur an das eine Denken: Das Kaufen und haben wollen.

Der Glaube ist anders. Aber ist er so, wie er bei Paulus klingt:

Alles ist erlaubt - erst die anderen!! Das sagt Paulus.

In der Lesung hörten wir, was Jesus sagt: Alles, was du willst, das dir die Leute tun, das tue auch ihnen.

Was denn also?

Auf der einen Seite sind wir frei - alles ist erlaubt. Auf der anderen Seite sind wir ziemlich unfrei - Erst die anderen. Da sind wir wie Diener.

Martin Luther kannte auch dieses Problem. Er hatte ziemlich lange darüber nachgedacht und dann folgende Lösung gefunden:

Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan.
Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.

Ein Widerspruch. Und doch Sätze, mit denen man leben kann. Warum?

Wir alle neigen dazu, den breiten Weg zu gehen, es uns so einfach wie möglich zu machen. Wir Menschen sind bequem. Und faul. Denkfaul, Handlungsfaul. Ich bin es auch. Kaum einer, der sich ausschließen kann. Wer lehnt sich nicht mal gerne zu hause im Sessel oder anderswo zurück.

Glaube ist anders. Glaube hat was mit Verantwortung zu tun. Nicht nur für sich selbst. Auch für andere. Wer glaubt, der ist nicht losgelöst, im Gegenteil, der hat einen festen Anker auf der Erde.

Glaube macht frei, frei von den Zwängen dieser Welt. Die uns so gerne in ihre Fänge schließen. Anpassungsdruck, Konsumterror, all das, worauf auch die Werbung uns so gerne hinweist. Glaube macht aber auch frei von Lebenszwängen, in denen wir stehen. Bei jedem anders: Die Familie, die Gesellschaft, alles, was ein einengt.

Wer glaubt, dem ist alles erlaubt, weil er um die Verantwortung weiß, die er für sich und für andere hat. Alles ist erlaubt - so verstanden zutiefst ein christlicher Satz. Alles ist mir erlaubt, wenn ich es in Verantwortung vor Gott und den Menschen tue. Christsein ist eine Lebenshaltung und nicht auf den Kirchgang beschränkt, und sch gar nicht auf das überweisen von 20 DM zur Gewissenserleichterung. Christsein bewährt sich im Gegenüber. Im Ich und Du und Wir

Um es mit Luther in heutiger Sprache zu sagen:

Ich bin frei, darum muss ich mich für die Freiheit anderer einsetzen.
Ich habe mein Auskommen, also muss ich für das Auskommen der anderen sorgen.
Ich bin glücklich, also soll ich andere glücklich machen.
Ich bin reich, also unterstütze ich die Armen.
Ich bin gesund, also sorge ich für die Gesundheit der anderen.
Die Reihe lässt sich weiter fortsetzen.

Um auf die Werbung vom Anfang zurückzukommen. Die Reihe der Werbesprüche könnte auch so lauten:

Glauben heißt: Ich bin so frei - von allen Zwängen, die mir diese Welt auferlegt.
Glauben heißt: Probier was neues - Gott hält viele Überraschungen für uns bereit.
Glauben heißt: Plötzlich ist alles anders - das Leben im Glauben schafft neue Horizonte.
Glauben heißt: Heute ein König - weil ich schon jetzt auf Gottes Reich hin lebe.
Glauben heißt: Nichts ist unmöglich - Als freier Mensch kann ich für andere da sein.
Glauben heißt: Alles ist erlaubt - weil ich um die Verantwortung meiner geschenkten Freiheit weiß
Glauben heißt: Christsein ist wirklich gut. Weil man zum Guten lebt - für sich und alle anderen.

Christsein ist wirklich gut. Weil man Jesus auf seiner Seite hat.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne, in Christus Jesus, denn er ist wirklich gut. Amen

Email: JMuthmann@t-online.de
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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