Predigt am 3. Advent, 17.12.2006, Jesaja 40, 1-8

Gnade sei mit euch von dem, der da war, der da ist und der da kommt, dem Vater dem Sohn und dem Heiligen Geist!

Bald ist es soweit. Bald ist der Tag, an dem eine neue Zeitrechung beginnt. Der Tag, an dem sich so vieles ändert, der Tag an dem Neues geschaffen wurde und wird.

Nein, ich meine nicht den Tag der Geburt Jesu, den Tag des Beginns unserer Zeitrechnung, nein nicht dieser Geburtstag, dessen Feier die Herzen von uns vielen Jahr für Jahr immer wieder auf neue anrührt.

Der Tag, den ich meine, der liegt etwas weiter zurück. Doch er ähnelt in vielem dem Weihnachtstag. Und wie die Geburt Jesu angekündigt und der Weg Jesu vorbereite wurde, so auch dieser Tag. Hören auf den Propheten Jesaja, Kapitel 40:

1 »Tröstet, tröstet mein Volk!«, sagt euer Gott.
2 »Sprecht den Leuten aus Jerusalem Mut zu, sagt zu ihnen: Eure Gefangenschaft ist zu Ende! Eure Schuld ist abgebüßt! Ihr habt vom Herrn die volle Strafe für eure Vergehen empfangen; jetzt ist alles beglichen!«
3 Hört, jemand ruft: »Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste, baut eine Straße für unseren Gott!
4 Füllt die Täler auf, ebnet Berge und Hügel ein, räumt alle Hindernisse aus dem Weg!
5 Der Herr wird kommen in seiner ganzen Herrlichkeit und alle Menschen werden es sehen. Der Herr selbst hat das gesagt.«
6 Ich hörte eine Stimme sagen: »Rede zu deinem Volk!« »Was soll ich denn sagen?«, fragte ich. »Alle Menschen sind vergänglich wie das Gras. Auch wenn sie noch so gerecht und treu sind, es ergeht ihnen nicht anders als den Blumen auf der Wiese.
7 Das Gras verdorrt, die Blumen verwelken, wenn der Herr seinen glühenden Atem darüber wehen lässt. Ja, wie Gras ist das Volk!«
8 Da sagte die Stimme: »Das Gras verdorrt, die Blumen verwelken; aber das Wort unseres Gottes bleibt für immer in Kraft.«

 Liebe Gemeinde!

Es geht dieses Jahr einfach zu schnell. Die Zeit der Vorbereitung ist zu kurz. Und für manche Wege fehlt uns einfach die Zeit, sie jetzt noch mal schnell abzugehen. Aber seien sie getröstet. Erst im Jahre 2017 ist der Advent so kurz wie in diesem Jahr, in dem der 4. Advent und Heilig Abend auf einen Tag fallen und uns so ein Adventsonntag quasi geklaut wird.

Ich selber habe auch das Gefühl, es fehlt mir einfach die Zeit mich auf Weinachten vorzubreiten. Ich meine nicht damit die Gottesdienste und all das andere für das ich zuständig bin. Ich meine meine Gefühle, mein Herz. Irgendwie komme ich nicht mit. Ich habe mich gerade an den Advent gewöhnt und bums: Da steht Weihnachten vor der Tür. Ich habe mich vom Alltag noch nicht richtig gelöst und dann soll in mir die richtige weihnachtliche besinnliche Stimmung aufkommen. Nein,. Irgendwie, geht dieses Jahr alles zu schnell. Die richtige Vorbereitung fehlt. Da sind noch genug Hügel und Berge auf dem Weg zu Weihnachten, die es gilt abzutragen. Und der eine Papierstapel oder die andere vorweihnachtliche Aufräumaktion bleiben dieses Jahr bestimmt dem Weg zu Weihnachten liegen oder werden dezent an die Seite geräumt. Zumindest, dass es nicht sofort auffällt.

Eigentlich ist diese Stimmung, die ich habe und die sicherlich viele von ihnen mit mir teilen, nicht mit der Stimmung zu vergleichen, die die Zuhörer dieses Propheten hatten, der sich Jesaja nannte. Es begab sich nämlich zu der Zeit, als sich die Juden auch Jerusalem längst begannen sich mit ihrem Schicksal abzufinden. Gut 50 Jahre war es her, seit ihre Heimat Jerusalem im Sturm der babylonischen Truppen untergegangen war. Die Großmachtgelüste der jüdischen Könige hatten den Untergang des maroden jüdischen Reiches nur noch beschleunigt. Die Stadt wurde dem Erdboden gleichgemacht und die Elite der Beamten und Intellektuellen wurde über 1.500 km in die Vororte Babylons vorschleppt. Als Sklaven und Diener sollten sie s dort leben. Für ihrer neuen Herren. 50 Jahre war das her. Und das Volk hatte sich in der dritten Generation längst eingerichtet in der neuen Heimat. Von Jerusalem, ja da wurde erzählt. Es wurde in den allerschönsten Farben ausgemalt, eine Stätte mit goldenen Toren und Perlen auf den Mauern, während jeder doch wusste, dass in der Realität ein Trümmerhaufen dort war, in dem vereinzelte Menschen hausten und sich wilde Tiere herumtrieben. Man träumte von Jerusalem, doch man hatte sich in Babylon eingerichtet. Es ging ihnen ja auch nicht so schlecht.

Ich stelle mir vor, auf welche Ohren der Prophet gestoßen, ob die Menschen seine Worte in ihren Herzen bewegt haben, ob sie sofort gerufen haben: Laßt uns nach Jerusalem ziehen….!!

So wird es nicht gewesen sein. Eher ein Achselzucken. Eher ein Abwinken. Lass uns in Ruhe, Jesaja, lass uns in Ruhe leben. Es gibt hier genug zu tun. Wir brauchen nicht deinen Hirngespinsten nachrennen. Wir brauchen keinen billigen Trost. Wir doch längst keine Gefangenen mehr. Die Babylonier brauchen uns. Wir haben gute Berufe und mittlerweile auch Einfluß in der Politik. Wir bleiben hier.

Andere mögen den Worten des Jesajas fasziniert gelauscht haben. Die immer noch die Trauer im Herzen trugen, fern der Heimat leben zu müssen. Die nie verstanden haben, warum sie und ihre Vorfahren verschleppt wurden. Die lieber heute als morgen zurückkehren möchten in die alte Heimat. Keine Ewiggestrigen, nur solche, die die Bilder von der Heimat in ihren Herzen trugen und sie nie vergessen haben. Und die immer auf eine Begnadigung vor Gott gehofft haben.

Begierig saugten sie die Worte des Propheten auf. Tröstet, tröstet mein Volk hören sie und denken: Endlich mal jemand der uns versteht. Eure Gefangenschaft ist zu Ende, und schon beginnen sie neuen Mut zu fassen und planen in ihren Köpfen bereits die Häuser des neuen Jerusalems. Bahnt dem Herrn einen Weg durch die Wüste und sie spüren ganz genau: Die Rückkehr wird ein Triumphzug werden. Der Herr wird kommen und sie denken: Endlich ist diese zeit der Gottlosigkeit zu Ende. Endlich wird Gott wieder vor uns herziehen wie damals vor Mose und dem Volk Israel als seine Gefangenschaft in Ägypten beendet war und der Auszug ins gelobte Land begann. Alle werden es sehen, ja unser Traum wird Wirklichkeit.

Und es sind nicht Menschen die diese Versprechungen machen. Menschen die vergänglich sind wie das Gras auf dem Felde, das vertrocknet und wieder zu Erde wird. Die wie Blumen sind, die verwelken und vermoddern. Es ist Gott selbst der diese Versprechungen macht. Und Gott, dass wissen sie, Gott ist der Herr der Geschichte. Sein Wort gilt nicht nur heute und morgen. Sein Wort hatte die Macht, die Welt zu schaffen, sein Wort war von Anfang an und wird bis in Ewigkeit bleiben.

Sie bereiteten sich vor. Innerlich. Im Herzen. Die Hoffnung begann in ihnen zu wachsen, dass die Worte Jesajas wahr wurden. Sie gingen schwanger mit ihren Hoffnungen wie Elisabeth und Maria, die Mütter Johannes und Jesu. Sie bewegten diese Worte in ihren Herzen. Vielleicht packte der eine oder die andere schon heimlich ein Bündel mit all den Utensilien, die sie unbedingt auf den Weg in die Heimat mitnehmen wollten. Proviant, Becher, Schneidewerkzeug, ungesäuertes Brot. Und stellten es griffbereit in eine Ecke ihrer Hütten. Und warteten auf Gott. Advent wurde es in ihren Herzen.

……….

Wir wissen heute, dass wirklich kurze Zeit nach dem Jesaja diese Worte gesagt hat, der persische König Darius Babylon eroberte und den Juden die Freiheit schenkte. Viele blieben in Babylon, viele kehrten aber wieder nach Jerusalem zurück und bauten die zerstörte Stadt wieder neu auf. Dieses Ereignis war für die Juden wie ein neuer Beginn. Ein neuer Anfang. Wieder ein mal. Wie so oft in ihrer Geschichte geschehen. Bis in die heutige Zeit. Ein neuer Anfang mit Gott.

Dem Herrn den Weg bereiten…  Wenn ich die Geschichte Gottes mit seinem Volk so anschaue, dann beschleicht mich die Ahnung, dass es gar nicht darauf ankommt, dass in mich in den Wochen vor Weihnachten auf sein Kommen in die Welt vorbereiten soll. Es kommt nicht darauf an, das haus zu putzen, die Plätzchen zu backen, den Adventskranz zu schmücken und bedächtig den Kerzen zu zu schauen, es kommt nicht darauf an Geschenke zu kaufen oder sich gar noch mal auf den letzten Drücker verrückt zu machen.

Sich auf das Kommen Gottes in diese Welt vorzubereiten geht anders. Es sind nicht die Wege dieser Welt, die eben gemacht werden müssen, es sind nicht die Hügel und Berge dieser Welt, die dem kommenden Triumphzug Gottes weichen müssen. Es sind die Wege zu unserem Herzen, zu unserer Seele, die eben werden müssen, dass der König der Könige einziehen kann. Advent beginnt, wenn wir erkennen, was zwischen und Gott steht. Der Täufer Johannes bereitet so das Volk auf das Kommen Jesu vor. Kehrt um ruft er: Besser übersetzt: Denkt um! Advent beginnt, wenn ich beginne umzudenken, wenn ich beginne auf Gott zu warten, wenn mir klar wird, was zwischen mir und ihm steht, wenn ich ihm so den Weg zu meinem Herzen ebne….

Unser Tun in der Adventszeit kann uns helfen. Es kann aber auch neue Berge und Hügel auftürmen. Ich möchte ihnen kein Rezept anbieten: Wie bereite ich mich auf Weihnachten vor. Wie mache ich den Weg für Weihnachten bereit. Wichtig ist nur das Wort des Johannes: Denk um! Prüfe, was zwischen dir und Gott steht! Erwarte von Gott, dass er kommt. Er hat gesagt: Er kommt! Und er wird kommen! Vertraue darauf! Denn sein Wort bleibt in Ewigkeit…

 Und der Friede Gottes…

Pfarrer Jürgen Muthmann

Email: JMuthmann@t-online.de
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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