Predigt 19. Sonntag n. Trinitatis, 2. Oktober 2005, Markus 1,32-39

Kanzelgruß
Liebe Gemeinde!
Im Neuen Testament gibt viele Geschichten, in denen von den Wundern berichtet wird, die Jesus getan hat. Er hat Menschen von unheilbaren Krankheiten geheilt. Er hat böse Geister ausgetrieben. Übers Wasser ist er gegangen und sogar Tote hat er wieder ins Leben zurückgerufen. Auch der heutige Predigttext berichtet von den außergewöhnlichen Fähigkeiten Jesu. Er berichtet von vielen Heilungswunder, die Jesus tat. Und doch sind es nicht diese Wunder, die mich faszinieren. Ich glaube, dass es in Jesu Macht stand, diese Wunder zu tun. Etwas anderes hat mich angesprochen und mir diesen Jesus ganz nahe gebracht.
Ich verlese ihnen den Predigttext aus dem ersten Kapitel des Markusevangeliums:
32 Am Abend, nach Sonnenuntergang, brachten die Leute alle Kranken und alle Besessenen zu Jesus.
33 Die ganze Stadt hatte sich vor dem Haus versammelt.
34 Jesus heilte viele Menschen von allen möglichen Krankheiten und trieb viele böse Geister aus. Er ließ die bösen Geister nicht zu Wort kommen; denn sie wussten genau, wer er war.
35 Am nächsten Morgen verließ Jesus lange vor Sonnenaufgang die Stadt und zog sich an eine abgelegene Stelle zurück. Dort betete er.
36 Simon und seine Gefährten zogen ihm nach
37 und fanden ihn. »Alle suchen dich«, sagten sie.
38 Jesus antwortete: »Wir wollen jetzt weitergehen, in die umliegenden Dörfer. Ich muss auch dort die Gute Nachricht verkünden, denn dazu bin ich gekommen.«
39 So zog Jesus durch ganz Galiläa , verkündete in den Synagogen die Gute Nachricht und trieb die bösen Geister aus.
 
Liebe Gemeinde
Übermenschliches hatte Jesus wieder an diesem Tag geleistet. Er konnte schon gar nicht mehr die Leute zählen, die zu ihm gekommen waren. Alle hatten sie den einen Wunsch. Nur wieder gesund werden. Ein Leben zu führen, was lebenswert ist. Viele der Leute sah er noch vor sich. Die vielen Aussätzigen an Lepra erkrankt. Es gab kein Heilmittel für diese Krankheit. Die Infizierten mussten am Rande der Gesellschaft leben, waren auf Almosen und Betteln angewiesen. Einige waren dabei, die man für verrückt hielt. Denen man böse Geister nachsagte. Und die doch oft nur ein wenig anders als die anderen waren. Die nur etwas Zuneigung und Anerkennung haben wollten. Allen wandte sich Jesus zu. Alle bekamen von ihm ein Stück des Himmelreiches geschenkt… und damit auch Gesundheit, neue Zuversicht, … neues Leben.
Vom menschlichen Standpunkt her gesehen können wir nicht verstehen, wie er das alles immer geschafft hat. Doch scheinbar waren auch seine Kraftreserven nicht unbegrenzt. Auch Jesus ist ein Mensch. Zum Glück ist er ein Mensch. Er zieht sich in der Nacht zurück. Er verlässt die Jünger, das Dorf Kapernaum. Er geht an einen stillen abgelegenen Ort. Er will seine Ruhe haben. Er will beten. Er will neue Kraft finden. Und Klarheit, über seinen weiteren Weg.
Dieses menschliche Verhalten Jesu imponiert mir und zugleich macht es mich nachdenklich. Gönne ich mir diese kreativen Pausen, stelle ich mir die Fragen, die sich Jesus gestellt hat? Suche ich Klarheit über meinen weiteren Lebensweg? Fragen, die wir uns alle stellen können.
Mir geht es so, dass ich mir oft genug dafür nicht die Zeit nehme. Der Alltag, holt mich viel zu schnell immer ein. Und selbst, wenn ich keine Arbeit habe, beschäftige ich mich viel zu oft mit belanglosen Dingen, als dass ich für mich sorge.
Es hat ja auch etwas gefährliches an sich, sich die Fragen zu stellen, die sich Jesus stellte. Mal nur Ruhe haben. Das kann jeder von uns haben. Nach getanen Tageswerk mal die Füße hochlegen, ein bisschen Fernsehgucken in ruhe mal Musik hören oder ein Buch lesen. Manch einer geht spazieren oder wie ich auch joggen um Ruhe zu finden. Vor der Hetze des Alltages, vor den Aufgaben die uns so oft zu erdrücken suchen, manchmal auch Ruhe vor anderen Menschen, um einfach mal nur für sich zu sein.
Aber selbst dann blenden wir diese Fragen aus. Wo kommt mein Leben her? War es richtig, was ich bisher gemacht habe? Wo geht mein Leben hin? Soll ich es ändern und was soll ich in Zukunft tun? Welche Aufgaben liegen vor mir?
Je nach Alter, schauen wir auch diese Fragen aus einem andern Blickwinkel. Die Älteren unter uns schauen auf ihr Leben zurück und nicht mehr so weit nach vorne. Die ganz Jungen schauen vielleicht nicht weit genug nach vorne. Es ist übrigens schon erstaunlich, wie selten heute Konfirmanden wissen, was sie mal beruflich machen wollen, was realistisch und angemessen, welchen Lebensweg sie einschlagen. Die in meinem Alten blicken auf die nächsten Jahre, auch mit etwas Zukunftsangst, manch einer denkt schon ans Rentenalter, dass schneller kommen kann, als wir es uns gemeinhin vorstellen.
Jesus suchte in der Einsamkeit die Nähe des Vaters. Er suchte einen Hinweis, den Gott ihn gab, damit er weiß, welche Schritte er als nächste tun sollen und wohin sie ihn führen. ER suchte die Ruhe um Klarheit zu finden und er wählte das Gebet, um Gott sein Anliegen vorzubringen. In der Hektik des Tages, mit all den Menschen, die umschwirrten, war das nicht möglich. Für solche Fragen und die Antworten brauchen wir die Ruhe die Zurückgezogenheit und manchmal auch einen Gesprächspartner, dem wir bedingungslos vertrauen können.
Jesus vertraute bedingungslos auf Gott, seinem Vater. Er bekam nicht immer die Antworten, die er sich wünschte. Manchmal lenkte Gott sein irdisches Leben in Richtungen die Jesus von allein nicht bereit war zu gehen. Wir brauchen nur an den Garten Gethsemane zu denken. Doch er ließ sich immer wieder auf Gott ein. Auf den Weg, den Gott mit ihm gehen wollte.
Jesus verbrachte diese eine Nacht abseits von den Trubel und allen Erwartungen in Kapernaum in Ruhe und Stille und im Gebet. Manchmal wünsche ich mir, auch diese Ruhe zu finden, wie sie Jesus fand. Die Ruhe zum Gebet, aber auch die Ruhe, um den Rat der Menschen anzunehmen, denen ich vertraue. Doch das reine Wünsche hilft nicht weiter. Wer diese Ruhe haben will, muss sie suchen, muss sich auf den Weg machen. Muss auch mal zu ungewohnten Zeiten aus dem gewohnten Rahmen ausbrechen. Um Klarheit zu finden, müssen wir willens sein, dafür zu was zu tun.
Jesus lebt uns genau diese Haltung vor. Ich kann ihnen nicht genau sagen, wie es geht, den Ort zu finden, an dem wir die Klarheit Jesu finden. Ich kann nur sagen, dass wir uns für die Hinweise, die Gott uns gibt, öffnen müssen. Damit wir spüren, wann es an der Zeit ist. Es kann bei jedem von uns anders sein und das macht es ja auch so kompliziert. Nicht allen helfen die Rezepte weiter, die uns von vielen Seiten gegeben werden. „Schalt doch mal ab, fahr mal weg, relax mal (in Neudeutsch)“. Es geht darum einen eigenen Weg finden. Wie Jesus es tat.
Und seine Geschichte zeigt uns auch, dass er erfolgreich war. Doch wir müssen genau hinhören. Simon Petrus sucht ihn und findet ihn. Endlich, wie dieser denkt. Er sagt Jesus einen Satz zu: „Alle suchen dich!“ Würden wir nicht sofort weiterlesen, wir könnten die Worte Simons so auffassen: „Los komm Jesus, es schon wieder viele Kranke und Besessene da. Sie wollen geheilt werden. Sie suchen dich. Du musst ihnen helfen.“
Doch Jesus hatte die Klarheit gefunden, die er brauchte. Nicht wie ein erschöpfter Arzt antwortete er: „Ja, ich komm schon, lass sie schon mal ins Wartezimmer….“ Jesus antwortet: „Wir wollen jetzt weitergehen, in die umliegenden Dörfer. Ich muss auch dort die Gute Nachricht verkünden, denn dazu bin ich gekommen.“
Jesus ändert nach dieser Nacht seinen Lebensweg. Er hat neue Klarheit gefunden. Die Gute Nachricht von Gottes Liebe in dieser Welt muss zu allen Menschen kommen. Und so ist auch dieses Alle suchen dich zu verstehen! Alle Menschen suchen eine Botschaft, die ihnen Hoffnung schenkt, die Sinn für Leben schenkt, die von der Liebe spricht, die ohne Bedingungen geschenkt wird. Für diese Botschaft ist Jesus in unsere Welt gekommen. Von dieser Botschaft erzählt er allen Menschen. Bis heute.
Vielleicht ein Fehler, den wir gerne machen. Die Gute Nachricht will Klarheit in unser Leben bringen. Doch wir erwarten es eher so, wie die vielen Kranken, die Jesus aufgesucht haben. Auch so kann es gehen, das Gott plötzlich in unser Leben tritt und ihm eine völlig neue Richtung gibt.
Es geht aber auch über den Weg Jesu. Das wir uns auf den Weg zu Gott machen. Das wir ihn suchen in unserem Leben. Das wir seine Antwort im Gebet suchen.
Ich keine Antworten geben wollen auf die Fragen, die ich zu Anfang stellte: Wo geht unser Leben hin und all die anderen Fragen. Und doch möchte ich ihnen einen Rat mit auf dem Weg geben. Und diesen Rat muss ich mir selber auch geben.
Suchen sie Gott, werden sie empfindsam seine Gegenwart. Öffnen sie sich für seine werbende Liebe. Das passt so ganz und gar nicht in unsere hektische Welt. In der die meisten abhängen mit Ruhe verwechseln. Gott suchen, das macht sogar Mühe. Er will sich aber finden lassen. Es wird sich lohnen. Wir müssen uns auf den Weg machen. Denn auf diesem Weg finden wir Klarheit für unser Leben, finden wir Wegweisung für den heutigen und die nächsten Tage. Und wir finden Hoffnung und Lebensgewissheit, die all das übersteigt, was uns diese Welt geben kann. All das lässt sich nicht Worte fassen. Es lässt sich aber erfahren. Wer Gott sucht, wird das Leben finden – in seiner Gegenwart.
 Und der Friede………………
 
Email: JMuthmann@t-online.de
Gerne antwortete ich per Email auf Reaktionen zu meiner Predigt
http://www.ekir.de/wanheimerort, Homepage der Gemeinde Duisburg-Wanheimerort

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