Predigt über Galater 5,25-6,10 am 15. Sonntag nach Trinitatis, 1.10.2000
Gnade sei mit euch von dem, der da war, der da ist und der da kommt, dem Vater dem Sohn und dem Heiligen Geist!
Liebe Gemeinde!
Es gibt so Predigttexte, die sind voll von Schlagwörtern, wenn man sie liest, dann denkt man: Da steht ja ein Hammer nach dem dem anderen. Das ist zuviel. Das schaffe ich nicht. und im Hintergrund ist doch der Gedanke: Schön, wenn es so wäre.
Der für den heutigen Sonntag vorgeschlagene Text ist so einer. Im Galaterbrief des Apostel Paulus hören wir im 5. und 6. Kapitel:
Liebe Gemeinde!
Wenn wir das alles könnten. Schöne Worte hören wir da, aber sind sie überhaupt erfüllbar:
Mich erschlagen solche Texte! sicher, ich kenn diese Verse: Einer trage des anderen Last. Und ich predige manchmal bei Beerdigungsansprachen grade über diesen Spruch, weil bei belasteten Menschen oft der Wahrheit entspricht. Dennoch, ich frage mich immer, wo steckt hier das Evangelium? Wo sind die Worte, die mir Kraft geben? Wo höre ich die Freude über Gottes Liebe und die Aufersteung Jesus Christi?
Diese Ermahnungen jedenfalls erinnern mich nur an den Gott, der drohend seinen Zeigefinger erhebt. Der mich auf Schritt und Tritt mit wachsamen Augen begleitet, aber nicht um mir seine Nähe und Liebe zu schenken, sondern um sehen, ob ich Stolperfallen des Christenlebens gut umschiffen kann. Ob ich eben keinen Fehltritt mir leiste und immer auf geraden, schmalen Wegen bleibe!
Das Ganze erinnert mich an einen olympischen christlichen Zehnkampf. Die Disziplinen sind nicht säuberlich getrennt. Manche Disziplinen finden gleichzeitig statt.:
1. Disziplin: Im Geist wandeln - wenn wir ihn doch nur so selten spüren. Schon hier gibt es wenig Punkte für uns
2. Disziplin: Nicht nach eitler Ehre trachten - Wo es doch so gut tut, mal von anderen gelobt zu werden und Anerkennung zu bekommen. Aber das darf ein guter Christ nicht. Ein schlechter Start in den Wttkampf zeichnet sich ab.
3. Disziplin: Keine Verfehlungen begehen: Wenn einer Mist macht - ihn so mir nichts - dir nichts verzeihen. Das darf nicht sein.Fehler müssen bennannt werden. Längst sind ins Mittelfeld abgerutscht. Im Gegenteil, wir drohen den Anschluss zu verlieren.
4. Disziplin: Lasten tragen: Immer die Lasten anderer mittragen, wenn ich doch oft genug denken, meine eigene reicht mit schon, die schaffe ich kaum. Mein Kreuz ist breit genug. Ich denke an verletzungsbedingte Aufgabe!
5. Disziplin: Immer schön sein Licht unter dem Scheffel stellen. eine seltsame Disziplin, wenn doch sowieso keiner merkt, was ich alles tue. Meine Motivation rutscht in den Keller. Ich habe das Gefühl, ganz hinten hinterher zu hinken.
Die 6. Disziplin: Sich selbst prüfen! Das kann ich nicht dauernd. Immer genau darauf achten, was ich gerade tue. Fehler macht doch schliesslich jedermal! Immer sich selbst prüfen, warum nicht die anderen? Ich prüfe meinen Zwischenstand Und mir wird blass. Diesen Zehnkampf kann ich abschreiben. Aber wie heißt es so schön: Dabeisein ist alles. Also nur nicht aufgeben!Denn das dicke Ende kommt sowieso.
Die 7. Disziplin: Lasten tragen, Teil 2. Ich gehe in die Knie. Es reißt mir die Beine weg undRücken wird krummen. Am Ende stehe ich alleine da und trägt meine Last mit.
8. Disziplin: Eigenverantwortung: Okay, das kann nicht schaden, hier kriegt jeder sein Fett. Schliesslich braucht sich keiner zu wundern, wenn er Streit sät und Zorn erntet. Das baut ein wenig auf. Den anderen gehts nicht beser als mir.
Doch die 9. Disziplin reißt mich wieder voll rein: Selbstkasteiung: Immer den schönen Genüssen des Lebens entsagen, und nur auf den Geist setzen, das kann es nicht sein. Ein bisschen Spass muss sein! Ein Totalausfall diese Disziplin.
Tja, und schliesslich die letzte Disziplin: Der christliche 1500m Lauf. Da, wo allen die Lunge aus Leib heraushängt. Die immer gleiche christliche Leier: Lasst uns Gutes tun und nicht müde werden. Ich bin doch schon längst müde. Immer nur für andere da sein? Und wer tut mir Gutes? Nein, Schluß damit!
Und ich schaue auf mein Punktekonto und mir wird schwarz vor Augen. das war ein olympischer christlicher Zehnkampf, das war ein Zehmkrampf und die olympischen Ringe verformen sich vor meinen Augen zu drohenden Zeigefingern. Ich prüfe mich selbst und sehe: Ich habe versagt. Hätte ich doch aufgegeben. Jetzt fange ich an, die zu verstehen, die nach Doping schielen. Das kann nicht schaden, um das alles durch zu halten.
Denn so macht das keinen Spass. Hoffentlich sind die Spiele bald zu Ende.
Liebe Gemeinde!
Ich hoffe, sie haben bis hierhin durchgehalten und nehmen mit mir noch die letzte Wegstrecke in Angriff. Ja, ich weiß, wenn diese Disziplinen wirklich allein unser christliches Leben sind, dann stellt sich die Frage: Soll ich das auf mich nehmen. Lohnt sich das überhaupt? Ich habe doch keine Chance aufs Siegertreppchen zu kommen. Die Medaillen sind in weiter Ferne. Oder wie es in der Offenbarung heißt: die Krone des Lebens, wenn wir treu bis in den Tod sind!
Und doch lohnt es sich. Das ist das Seltsame. Paulus selbst weiß es. Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig sagt er. Allein Gottes Gnade genügt.
Ein Fragezeichen tut sich auf? Warum all diese Disziplinen. Warum all diese Ermahnungen? Wenn doch Gottes Gnade genügt! Vielleicht ist es gerade die Gnade Gottes, seine Liebe zu uns, die wir nicht vergessen dürfen. Die diesen olympischen, christlichen Zehnkampf erst möglich macht.
Vielleicht muß das gesagt werden, bevor wir uns auf die Strecke begeben. Vielleicht muss uns allen klar sein, dass es nicht auf unsere Kraft ankommt, sondern dass es Gottes Kraft ist, die uns wirkt. Nein, kein Doping, das uns zu übernatürlichen Leistungen treibt. Eher ein Augenöffner, einer, der uns klarmacht. Bei Gott gibt es keine ersten und letzten Plätze. Ein Augenöffner, der uns sagt: Wenn du dich zu Christus bekennst, dann hast die olympische Goldmedaille oder die Krone des Lebens sicher! Dann gehört das dazu, was Paulus schreibt. Doch es geht nicht darum, die meisten Punkte im christlichen Zehnkampf zu erreichen. Gott zählt unsere Punkte nicht. Gott liebt uns. Und da höre ich dann das Evangelium in diesen Worten. Und ich spüre: Dabei sein ist wirklich alles. Denn Gott ist bei uns. Auch nach der Abschlußfeier, unser ganzes Leben lang!
Und der Friede Gottes.....